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Marisa Burn-Pichler: Die einzige Konstante ist der Wandel.

Marisa Burn-Pichler befasst sich am liebsten mit dem Hier und Jetzt. Daraus und aus sich selber Kraft zu schöpfen ist ihr Lebenselexier, welches sie mit ihrem Projekt Burninglights auch zu ihrem Beruf gemacht hat. Ein Gespräch über Spiritualität, Kraft und Entschleunigung.

Bilder von Marcel Schläfle

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Marisa Burn-Pichler ist Gründerin und Inhaberin von Burninglights, welches sich für einen ganzheitlichen Lebensstil einsetzt. Als selbstständiger Design Consultant lebt und arbeitet sie mit ihrer Familie in Zürich. burninglights.ch

Tadah: Du wusstest schon als Kind, dass Du Dich im künstlerischen Bereich bewegen willst. Ganz schön reif für's Alter?
Musik, Tanz und alles Ästhetische hat mich einfach schon immer fasziniert. Ich spürte, dass ich in diesem Bereich selbstständig sein wollte – ja, musste. Es entspricht meinem Naturell, dass ich nur Sachen machen kann, hinter denen ich auch wirklich stehe. Und wenn ich das kann, dann mache ich die Dinge zu 100%. Aber ich glaube, das kommt auch aus meiner Erziehung.

Erzähl!
Meine Eltern kommen aus Unternehmerfamilien, die aus Nichts etwas geschaffen haben. Daraus entstand einer ihrer ganz wichtigen Leitsätze: «Es ist egal was Du machst, das Wichtigste ist, dass Du arbeitest und fleissig bist.» Zudem sollte man eine gesunde Portion Realismus mitbringen und die Dinge selber anpacken.

Trotzdem: Aus dem Tanzen wurde nichts.
Mit der Einnahme der Pille habe ich zugenommen. Und gerade im Ballett ist das problematisch. Das war ziemlich hart. Es aber nur auf das Gewicht zu schieben, wäre wohl zu einfach. Ich war ein rebellischer Teenager, Ballett passte da eine Zeit lang nicht rein.

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Du hast dann Medienkunst studiert. Wie kam es dazu?

Der Studiengang heisst korrekt Postindustrial Design. Das war damals neu. Und Neues hat mich schon immer fasziniert. Mich interessiert es, auf Wechsel zu reagieren, dabei zu sein, wenn Neues entsteht. Mit 18 habe ich mich für einen Studienplatz beworben, bekommen habe ich ihn erst mit 21. Ich sei zu jung hiess es. Im Nachhinein verstehe ich das Argument. Denn auch drei Jahre später war ich dafür nicht bereit.

 

Es ist nicht einfach, sich mit dem eigenen Schaffen auseinanderzusetzen.

 

Warum nicht?
Es ist nicht einfach sich mit dem eigenen Schaffen auseinanderzusetzen. Es ist heavy. Ich war dafür nicht reif genug. Und ich habe schlussendlich den Studiengang gefunden, der mir entspricht. Ich bin im Hyperwerk gelandet, dem international vernetzten Institut an der Hochschule für Gestaltung und Kunst der Fachhochschule Nordwestschweiz.

Eine Zeit, die Dich inspiriert hat, selbstständig zu werden.
Ich habe gelernt, in echten Prozessen zu arbeiten. Mit verschiedenen Menschen, welche verschiedenen Fähigkeiten und Charaktere haben. Im Abschlussjahr war mir dann auch klar: Ich will meine eigene Firma gründen. Diese habe ich dann gleich als Prototyp im Diplomprojekt ins Leben gerufen.

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Marisa trägt ein Kleid von Kathrin Eckhardt Studio.

Hopehope war ein Online-Magazin, welches als Inspirationsquelle im Bereich Mode, Design und Lifestyle galt. 2007 warst Du damit eine Pionierin.
Während des Studiengangs musste ich meine Arbeiten in einem Blog dokumentieren. Mit der Zeit begannen dann Leute ebendiesen Blog anzuschauen und ihn vor allem zu mögen. Hopehope war eigentlich eine Design-Agentur und durch den Blog habe ich Kunden für Projekte bekommen und umgekehrt. Der Blog als Portfolio sozusagen.

 

Das Ganzheitliche ist des Rätsels Lösung.

 

Die Akzeptanz war von Anfang an da?
Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Es gab so etwas noch nicht. Und auch wenn es teilweise schwierig war, weil die Leute schlicht nicht wussten, wie sie einen Blog zu lesen und zu bedienen hatten, lief es gut. Und es entwickelte sich immer weiter.

Was hat Dich trotz des Erfolges dazu bewegt, Hopehope aufzugeben?
Hopehope fühlte sich 2013 noch auf dem Stand von 2007 an. Ich hatte so viel um die Ohren, dass ich es nicht geschafft hatte, die Publikation so zu verändern, dass sie für mich gestimmt hätte. Zudem war die Branche damals in der Krise. PR- und Marketingabteilungen merkten, dass sie in das Onlinegeschäft investieren müssen, doch es fehlte an Geld und an Ideen. Ich beobachtete und ich wusste: das Ganzheitliche ist des Rätsels Lösung.

Inwiefern?
Die Welt ist so schnell. Da wird die Zeit immer wichtiger, das Wesentliche. Das sah ich 2013 schon kommen.

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Wie ist denn die Idee von Burninglights entstanden?
Das visuelle Brainstorming einer solchen Webseite bestand in meinem Kopf schon seit längerem. Burninglights ist eine Schnittstelle von Design und Spiritualität. Es geht um Themen, die sich mit dem Moment befassen. Wie kann man Kraft aus sich selbst schöpfen? Was mich interessiert, ist, was wir alles in uns drin haben.

Woher kommt denn dieser Hang zur Spiritualität?
Meine Mutter und meine Tante haben schon immer ein spirituelles Leben geführt - es war also schon immer Teil meines Lebens. Mit der Geburt meines zweiten Kindes hatte ich plötzlich viel Zeit – im Sinne, dass mein Business nicht in meinem Kopf war. Und das habe ich sehr genossen. Und ich habe gemerkt, dass die Leute fix und fertig sind von allem.

Wie meinst Du das?
Wir sind uns selbst zu schnell und zu nervös. Ich habe das ja auch an mir selbst gemerkt. Wenn ich ehrlich bin, auch schon vorher. Doch diese spirituellen Themen (Natur, Heilpraktiken, Esoterik) sprachen die Leute aus rein ästhetischer Sicht nicht an. Es war alles sehr designfrei. Von buddhistischer Philosophie bis Yoga – es war einfach nicht hübsch. Mich hat es interessiert, wie man den Leuten Sachen mitgeben kann, die auch optisch ansprechen und zugänglich sind für alle.

 

Ich sehe meine Produkte als Erinnerungsmomente.

 

Das hast Du geschafft!
Ich hoffe. Ich sehe meine Produkte als Erinnerungsmomente. Die Leute kommen zu mir und kaufen einen Tee, ein Bild oder ein Putzmittel, weil sie etwas zu Hause wollen, dass sie daran erinnert, dass sie es in der Hand haben, ob sie sich jetzt Zeit nehmen wollen für etwas oder nicht. Die Sachen, die wir machen, sind alles traditionelle Sachen. Sei es Arometherapie, Naturheiltherapie oder Handwerk: es sind Dinge, die daran erinnern, dass man sich Zeit nehmen will für sich selbst.

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Soll es auch weiter in diese Richtung gehen? Wirst Du je länger je mehr Produkte haben?
Die Kombination von allem – Kunst, Produkte etc. – ist es, was es ausmacht. Auch die Events finde ich sehr wichtig, weil ich merke, dass die Leute es sehr geniessen in einem Raum zusammen zu kommen. Das Beisammensein zelebrieren und sich so eine Auszeit nehmen zu müssen.

So ist der Peace Club aus Burninglights heraus mit Deinem Mann zusammen entstanden?
Mein Mann und ich sind beides Menschen, die von unserem eigenen Glück ausgehen und uns fragen: «Was können wir zu dem beitragen?» Und was uns schon immer aufgeregt hat, ist das Plakative, Populistische.

Kannst Du ein Beispiel machen?
Ich verstehe zum Beispiel die ganze Berichterstattung rund um Terroranschläge nicht. Wieso kann man nicht einfach schreiben: «Ein psychisch kranker Mensch hat wild um sich geschossen». Wieso publiziert man, dass er einen islamistischen Spruch gerufen hat und ein Terrorist ist? Wieso gibt man dem Negativen so viel Raum. Die Leute können nicht schlafen, haben Angst und fühlen sich bedroht.

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Ihr wollt uns also allen die Angst nehmen?
Wir möchten möglichst laut sein und zwar mit all den positiven Dingen, die uns umgeben. Es geht dabei nicht darum, in einer Happy-Blase zu leben, sondern zu sagen: «Ja, wir sehen was da läuft. Aber…» Es geht darum, zu leben und die Welt zu verändern. Die einzige Konstante ist der Wandel.
Das Konzept ist somit: «Wenn du gut zu Dir selbst schaust, kannst Du gut für andere schauen». Zu sehen, dass Dinge nicht richtig laufen und versuchen seinen Teil beizutragen und etwas Positives schaffen zu können. Das ist der Ursprung des Peace Clubs.

Wie kam die Idee an?
Unseren ersten Event stellten wir uns als eine Art Hippie-Konzert à la John Lennon vor. Wir dachten uns, die Leute können kommen und einen schönen Abend haben. Alles verpackt in der Botschaft: «Es gibt nicht nur Negatives auf der Welt!» Es hat eingeschlagen wie eine Bombe. Das hat mir wieder einmal gezeigt, dass es so wenig braucht. Das wiederum hat sehr viel mit dem Zeitgeist zu tun. Weniger ist wieder mehr.

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Entschleunigung und Spiritualität, wie lebst Du das im Privaten?
Wir haben bewusst kein Büro in unserer Wohnung, damit zu Hause auch gar nicht die Versuchung aufkommt, zu arbeiten. Und dann ist da natürlich unser Garten – wir haben einen Familiengarten von der Stadt Zürich. 1200 Quadratmeter die wir zu Acht bebauen und pflegen. Es ist aufwändig aber auch mega schön.

Ist es Dir auch wichtig Deinen Kinder Entschleunigung zu geben?
Selber predigt man Wasser und trinkt den Wein. Es ist schon schwierig, gerade auch mit diesem Business. Manchmal ist es sehr stressig. Auch all die Dinge mit den Kindern zu meistern. Ich glaube, ich versuche, ihnen beizubringen, dass sie an etwas Grösseres glauben. Damit sie auch darauf zurückgreifen können.

 

Ich glaube, ich versuche, ihnen beizubringen, dass sie an etwas Grösseres glauben.

 

Familie und Job unter einen Hut bringen: Wie schafft Ihr das?
Luxuriös ist, dass unsere Eltern auf die Kinder aufpassen. Ich finde es sehr schön, dass die Kinder so einen starken Bezug zu ihren Grosseltern haben. Alles unter einen Hut zu bringen finde ich aber nach wie vor nicht easy.

Hast Du manchmal auch ein schlechtes Gewissen?
Früher, als sie noch kleiner waren, hatte ich eher ein schlechtes Gewissen. Aber ich wusste natürlich auch, dass sie sehr gut aufgehoben sind. Dass ich so viel arbeite, stört mich aber teilweise schon. Denn ich denke dann immer, dass ich diese Zeit nicht mehr zurückbekomme – so klein wie sie jetzt sind.

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Wieso wolltest Du Kinder?
Ich wollte nie Kinder, weil ich Kinder süss finde, sondern mehr weil ich denke, ich will mal mit Erwachsenen am Tisch sitzen und eine grosse Familie sein.

Ein interessanter Ansatz.
Heute bin ich aber ganz verrückt nach meinen kleinen Kindern. Denn man kann so viel von ihnen lernen, wenn sie so klein sind.

Was denn?
Sie leben komplett im Moment. Ich nehme viele Sachen von meinen Kindern in meine Arbeit mit. Mich dünkt es auch, dass Neugeborene das ganze Universum und die ganze Weisheit mitbringen. Die ersten drei Tage kommt es mir vor, als wären sie fast göttlich. Diese Urkraft, die bei Neugeborenen existiert, hat mein Burning Lights Projekt auch stark beeinflusst - auch als ich schwanger war. Ich war zwar nie speziell gerne schwanger, aber die Vorstellung, dass der Fötus genau nur die jetzige Milli-Sekunde wahrnimmt und alles was vorher und nachher ist, für ihn noch nicht existiert, fand ich faszinierend. Auch jetzt noch.

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