Sol hat vier Kinder. Deshalb weiss sie genau, wovon sie spricht, wenns ums Muttersein geht. Ein idealer Tag für sie und ihre Familie wäre, mit den Velos an den Cauma-See zu fahren und zu picknicken, bis die Sonne über den Bündnerbergen untergeht. Aber eben: Es ist nicht jeder Tag ein idealer Tag.
Tadah: Wie hat sich dein Leben verändert, als du Mutter wurdest (im Guten und im Schlechten)?
Die Prioritäten haben sich klar verschoben. Nicht ich sondern wir hiess es plötzlich. Ich bin gelassener geworden. Habe gelernt zu akzeptieren, dass nicht alles mach- und planbar ist. Das entlastet ungemein. Auch Zeit hat eine ganz neue Dimension erhalten, die ich sehr geniesse. Natürlich hat die Freiheit abgenommen, allgemein und finanziell und das Wort Verantwortung hat auf einen Schlag seine ganze Wucht entfaltet.
Steckbrief
NAME
Sol Bonderer Imper
KIDS
4 Kinder, Zwillinge: Niah (9, w), Dea (9, m), Ava (7, w), Liv (3, w)
WORK-LIFE-BALANCE
Mutter, Familienmanagerin und 60% Lehrerin für Wirtschaft & Recht an der Bündner Kantonsschule (2 Tage Unterricht, 1 Tag Vorbereiten zu Hause)
Findest du Elternratgeber wertvoll? Und wenn ja, welche? (Hat ein Buch deinen Erziehungsstil beeinflusst?)
Während der ersten Schwangerschaft habe ich Ratgeber buchstäblich verschlungen. Ich hatte keine Ahnung von Babys und war entsprechend unsicher und neugierig. Nach der Geburt der Zwillinge fehlten mir aber Zeit und Energie dazu. «Try and error» hiess ab da an unsere Haupt-Erziehungsstrategie. Informativ, aufschlussreich und für jedes Alter hilfreich sind aber auch heute noch die Bücher von Rémo Largo. Zudem sprechen mich die Bücher von Jesper Juul sehr an.
Welchen Ratschlag würdest du einer Mutter geben, die ihr erstes Kind erwartet?
Als Ratgeber die «Hebammensprechstunde» und das Buch «Babyjahre» von Rémo Largo. Als Tipp: Sich auf seine Intuition verlassen und grosszügig zu sich selber sein.
Wann und warum wusstest du, dass der Vater deiner Kinder der Vater deiner Kinder werden wird?
Beim ersten positiven Schwangerschaftstest.
Tief durchatmen hat jeweils geholfen. Und der feste Glaube, dass morgen ein besserer Tag wird.
Hast du je gedacht: das schaff ich nicht? Und wenn ja, in welcher Situation? Und wie hast du sie gemeistert?
Oft. Vor allem am Anfang mit den Zwillingen gab es immer wieder Situationen, die mich physisch und psychisch an meine Grenzen brachten. Ich musste lernen, dass nicht alles immer sofort möglich war. Und dass, wenn etwas bei einem der Zwillinge funktionierte das noch lange nicht hiess, dass es auch beim Zweiten klappte. Tief durchatmen hat jeweils geholfen. Und der feste Glaube, dass morgen ein besserer Tag wird. Was meistens auch so war.
Hast du manchmal ein schlechtes Gewissen deinen Kindern gegenüber?
Früher ständig. Heute seltener. Zeit spielt dabei immer eine Rolle. Und die Frage ob und wie man es schafft jedem und jeder gerecht zu werden.
Darf man als Mutter lügen? Und wenn ja, wann und wieso?
Samichlaus, Christkind und Zahnfee. Ansonsten: klar nein.
Was landet auf keinen Fall in eurem Kinderzimmer?
Früher wäre die Liste lang gewesen. Heute sage ich: Sag niemals nie.
Euer Lieblingskinderbuch?
Gute Nacht Gorilla, ein wunderbares Einschlafbuch, dass fast ohne Text auskommt und Astrid Lindgrens Michel von Löneberga.
Wie sieht ein idealer Tag mit deinen Kindern aus? Und wie einer «dieser» Tage?
Der ideale Tag beginnt mit einem ausgiebigen Frühstück und findet draussen statt. In unserem Garten. Oder mit dem Velo an den Caumasee. Baden, planschen, zusammen lachen und picknicken bis die Sonne hinter den Berggipfeln verschwindet. Im Winter auf dem Berg. Mit Schlitten, Skis oder Boards. Hauptsache ohne Uhr. Ohne Telefon. Sonnig und warm.
Einer «dieser» Tage folgt oft auf eine zu kurze Nacht und ist fremdgetaktet durch Termine, Schule und andere Aktivitäten. Die Zeit reicht knapp. Ich als Taxi- und Organisiationszentrale meiner müden und entsprechend dünnhäutigen Schar, versuche mit Blick auf Uhr und Telefon nicht den Rhythmus zur verlieren.
Welche Charaktereigenschaften soll dein Kind von dir haben?
Toleranz, Ruhe und Gelassenheit. Und den Willen Probleme zu lösen, nicht sie zu bewirtschaften.
Früher dachte ich. Alles ist möglich, du musst es nur wollen. Heute weiss ich, alles ist möglich, die Frage ist nur, zu welchem Preis.
Was wirst du deinem Kind nie erzählen? Und warum nicht?
Altersgerecht formuliert gibt es nichts, dass ich meinem Kind nicht erzählen oder erklären würde, wenn es fragt.
Was ist Eure nächste Feriendestination?
Wir träumen von einer sechswöchigen Reise nach Costa Rica. Fürs erste aber werden es Frühlingsferien auf Ibiza.
Wofür gibst du am meisten Geld aus?
Für die Hobbies der Kinder, für Ferien und für Bücher.
Wie ähnlich bist du deiner eigenen Mutter?
Ich denke, nicht sehr.
Was inspiriert dich?
Stil. Grosszügigkeit. Und der Glaube an sich und seine Träume.
Was macht dich nervös?
Unordnung. Zumindest wenn sie überhand nimmt. Und Lärm.
Wie und wo tankst du für den nächsten Tag Energie?
Beim Joggen oder Spazieren im Flimser Wald. Beim Stricken und Geschichten- Vorlesen und bei einer heissen Tasse Tee.
Hat sich deine Einstellung zu deiner Karriere geändert, seit du Mutter bist?
Definitiv. Früher dachte ich. Alles ist möglich, du musst es nur wollen. Heute weiss ich, alles ist möglich, die Frage ist nur, zu welchem Preis. Die Prioritäten haben sich klar verschoben. Die Familie steht an erster Stelle. Das nimmt Druck weg und relativiert vieles.
Welcher Mutter möchtest du das Wort übergeben und wieso?
Meiner lieben Freundin Debora, deren gute Laune einfach ansteckend ist. Ein Besuch in ihrem Haaratelier lässt auf jeden Fall nicht nur die Frisur strahlen. Mit ihrem feinen Gespür für Trends und Stil ist sie für mich eine Inspiration - als Frau, als Mutter und als Freundin.