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Tadah

#mom2mom: Annette Saloma.

In unserer Artikel-Reihe «Mom2Mom» gibt eine Mutter der nächsten das Wort. Wir starteten mitten in Zürich, dann ging es ins Bündnerland, ins Fürstentum Liechtenstein, an den Walensee und nun sind wir zurück im Kanton Zürich bei Annette Saloma. Sie ist alleinerziehend – mit allen Tücken, die damit einhergehen. Annette, wie alle anderen Interview-Partnerinnen vor ihr, hat auf dieselben Fragen ihre Antworten und damit ihre An- und Einsichten gegeben.

Tadah: Wie hat sich Dein Leben verändert, als Du Mutter wurdest?
Plötzlich war da ein hilfloses Geschöpf, für das ich die Verantwortung trage und das ohne mich völlig aufgeschmissen ist. Das hat mein Leben um 180 Grad verändert. Es ging nicht mehr alles nach meinem Kopf, ich musste mich ein Stück weit aufgeben. Freundschaften haben sich verändert, neue haben sich ergeben. Es wurden alte Wunden aufgerissen aus der eigenen Kindheit und ich musste an meinen Triggern arbeiten, wenn ich sie nicht ignorieren, sondern weiterkommen wollte. Manches konnte endlich heilen. Ich will nicht werten und sagen, das wurde besser und das schlechter. Es wurde einfach anders. Und so wie es ist, ist es toll und genau richtig.

Steckbrief
NAME
Annette Saloma
KIDS
Milla (11), Pele (8)
WORK-LIFE-INTEGRATION 
Annette arbeitet 60%.

Findest Du Elternratgeber wertvoll? Und wenn ja, welche?
Es gibt solche, die ich wertlos und schrecklich finde, und solche, die ich sehr wertvoll finde, wie «artgerecht» von Nicola Schmid, «So viel Freude, so viel Wut» von Nora Imlau, «Ich will bei euch schlafen» von Sibylle Lüpold und «Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn» und die meisten von Jesper Juul. Sie alle haben mir in gewisser Weise die Augen geöffnet, gerade was Grenzen, Führung und den Umgang mit sehr gefühlsstarken Kindern betrifft.

Welchen Ratschlag würdest Du einer Mutter geben, die ihr erstes Kind erwartet?
Hör nicht auf alles, was dir gesagt wird. Geniess die Anfangszeit, auch wenn sie hart ist. Sie werden so schnell gross. Teile die Verantwortung mit dem Vater des Kindes – er ist gleichberechtigtes Elternteil. Und trau dich, Hilfe zu holen, wenn du sie brauchst.

 

Ich habe schwierige Situationen gemeistert, indem ich Druck rausnahm und mir Hilfe holte – bei meiner Familie, meinen Freunden, meinen Nachbarn.

 

Hast Du je gedacht: Das schaff ich nicht? Und wenn ja, in welcher Situation? Und wie hast Du sie gemeistert?
Ja oft. Als ich mit dem Neugeborenen und dem dreijährigen Kind alleine war. Als mein zweites Kind nachts fast zwei Jahre lang alle 1-3 Stunden erwachte. Ich hab sie gemeistert, indem ich Druck rausnahm und mir Hilfe holte – bei meiner Familie, meinen Freunden, meinen Nachbarn.

Hast Du manchmal ein schlechtes Gewissen Deinen Kindern gegenüber?
Ja. Ich handle nicht immer pädagogisch wertvoll, bin manchmal gestresst. Und hin und wieder habe ich das Gefühl, den Kindern nicht gerecht zu werden.

Darf man als Mutter lügen? Und wenn ja, wann und wieso?
Wenn ich meinen Kindern vom Samichlaus und dem Christkind erzähle, empfinde ich das nicht als Lüge. Ansonsten finde ich es wichtig, den Kindern gegenüber so ehrlich und authentisch zu sein, wie möglich.

Euer Lieblingskinderbuch?
Oh das gibt’s mehrere! Momentan sind es die Bände von «Die Schule der magischen Tiere». Wir lieben aber auch «Das grosse Buch von Frosch und Kröte», bei dem hatten wir regelrechte Lachanfälle, Und natürlich die Geschichten von Tiger und Bär von Janosch.

Wie sieht ein idealer Tag mit Deinen Kindern aus?
Am idealen Tag scheint die Sonne und es ist 28 Grad warm, wir können ausschlafen, in Ruhe frühstücken, herumlümmeln, machen uns dann irgendwann bereit, um an den See zu gehen, zu baden, über dem Feuer zu kochen, am Abend einen Film zu schauen und uns zum Schluss zusammen im Bett einzukuscheln.

Wie einer «dieser» Tage?
An einem mühsamen Tag bin ich gestresst, die Kinder streiten und am Schluss heulen alle.

Welche Charaktereigenschaften soll Dein Kind von Dir haben?
Meine Empathie, meine Grosszügigkeit.

Wofür gibst Du am meisten Geld aus?
Für Essen. Man ist, was man isst.

Wie ähnlich bist Du Deiner eigenen Mutter?
Vom Aussehen her bin ich ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich habe von ihr sicher ihre Grossherzigkeit und ihr soziales, kommunikatives Wesen.

Was inspiriert Dich?
Meine Freundinnen, vegane Sportler, Liliane Minor und Peter Hossli, Jesus.

Was macht Dich nervös?
Zeitdruck. Wenn ich zu viel auf einmal mache. Reisen. Streit mit geliebten Menschen, wenn meine Kinder ewig nicht einschlafen.

Wie und wo tankst Du für den nächsten Tag Energie?
Auf dem Velo oder beim Joggen in der Natur, auf dem Sofa beim Netflix gucken, beim Lesen oder beim Zusammensein mit Freunden.

 

Als Alleinerziehende ist Karriere machen praktisch unmöglich, wenn man die Kinder noch sehen will.

 

Hat sich Deine Einstellung zu Deiner Karriere geändert, seit Du Mutter bist?
Das kann man so nicht sagen. Klar rückt der Beruf an zweite Stelle, wenn man Kinder hat. Aber ich hätte gerne auch trotz Kinder Karriere gemacht und wäre beispielsweise gerne zurück zum TV. Als Alleinerziehende ist das aber praktisch unmöglich, wenn man die Kinder noch sehen will.

 

Gerade in Zeiten von Homeschooling und Homeoffice stand ich nahe am Rande eines Nervenzusammenbruchs.

 

Findest Du, man kann in der Schweiz Familie und Beruf gut unter einen Hut bringen? 
Ich finde es als Alleinerziehende schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Gerade in Zeiten von Homeschooling und Homeoffice stand ich nahe am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Aber auch sonst ist es eine Riesen-Organisiererei. Für mich ist es wichtig, zu arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten und gleichzeitig noch genug für meine Kinder da zu sein. Das richtige Pensum zu finden, ist nicht einfach. Arbeite ich mehr, zahle ich auch mehr für die Betreuung. Die Verantwortung, die man alleine trägt, kann einem schon beinahe erdrücken. Aber auch in vielen Familien, wo Mutter und Vater zusammen leben, sehe ich viel Ungleichgewicht. Mutter- und Vaterschaftsurlaub sind meiner Meinung nach ausserdem viel zu kurz.

Was fehlt? Was müsste Deiner Meinung nach anders sein?
Eine längere Elternzeit, flexiblere Lösungen im Beruf, für Männer, wie für Frauen. Mehr subventionierte Krippenplätze. Auch das Schulsystem müsste geändert werden: Hausaufgaben beispielsweise abgeschaffen und keine Frühschule mehr. Ich finde, es besteht viel zu viel Druck auf die Kinder, den sie dann nach Hause bringen. Die haben teilweise ein höheres Pensum als ich.

Gleichberechtigung von Frau und Mann als Eltern ist auch ein Thema. Aber das kann nicht die Politik alleine regeln. Da muss sich in unseren Köpfen und unseren Familien etwas ändern. Jede Familie hat die Wahl, ob sie in alte Rollenmuster verfällt, ob die Mutter die ganze Verantwortung trägt oder auch etwas abgibt. Ich sehe viele Frauen, die total frustriert sind und überfordert mit ihrem Mental Load, während der Mann fast weiterlebt, wie vor den Kindern. Ich sage immer, da gehören zwei dazu: Einer der so ist und einer der es mitmacht.

Wie löst Ihr die Betreuung der Kinder?
Einen Tag arbeite ich im Homeoffice. Die Kinder sind am Morgen vier und am Nachmittag zwei Stunden in der Schule. An den zwei anderen Arbeitstagen ist mein Sohn im Hort. Meine Tochter ist einmal über Mittag bei einer Freundin und am anderen Tag auch im Hort. Nach der Nachmittagsschule ist meine Tochter kurz alleine oder bei einer Freundin.

Welcher Mutter möchtest Du das Wort übergeben und wieso?
Andrea Haas, weil sie einfach eine geile Schnitte und eine super Freundin von mir ist, die einen anspruchsvollen Job hat und gleichzeitig eine wundervolle Mutter ist und die mir immer wieder mit Rat und vor allem Tat zur Seite steht.

Hier gehts zur letzten #mom2mom.

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