Väter mögen es nicht, wenn Mütter mehr als sie arbeiten. Und Mütter wiederum sind zufriedener, wenn ihre Partner höherprozentig arbeiten. Dies zeigt eine aktuelle Studie der Swiss Life. Die Rollen sind also noch immer klar verteilt. Woran liegt das? Ist Teilzeit bei Männern gar am Änd noch immer ein Tabu?
Bei 62% aller Familien in der Schweiz arbeitet mindestens ein Elternteil im reduzierten Pensum. Konsultiert man eine aktuelle Studie der Swiss Life zeigt diese: Teilzeitarbeit ist ein Frauenmodell. Denn rund 80% der Väter arbeiten Vollzeit. Sie sind damit schlicht zufriedener. Vor allem dann, wenn sie mehr arbeiten als die Frau. Ein Resultat, das unseren eigenen Umfragen im Freundeskreis hingegen widerspricht. Aber wieso? Ist es eventuell nicht mehr gesellschaftskonform zuzugeben, dass man es eigentlich grossartig findet, Vollzeit zu arbeiten und keinen Papi-Tag oder gar am Änd Papitage zu haben.
Ist das Resultat der Studie ein Hinweis darauf, dass wir nach wie vor an alten Rollenbildern festhalten? Oder ist es vielmehr ein Zeichen, dass die Wirtschaft zu wenig für die Eltern tut. Dass nämlich die Rahmenbedingungen fehlen, damit es auch für Frauen häufiger in Frage kommt, höherprozentig zu arbeiten und damit auch vermehrt in die Geschäftsleitungen einziehen?
Was also denken Männer über Teilzeitarbeit? Hier ein paar Antworten:
Ich glaube, es kommt ein bisschen auf das Berufsfeld an, ob Teilzeitarbeit bei Männern ein Tabu-Thema ist. Ich bin Wissenschaftler, da ist Teilzeit klar akzeptiert. Ich könnte mir aber vorstellen, wenn es im Berufsfeld machoider wird, dass es dann nicht so gut ankommt. Ich habe aber bei mir selber erlebt: Wenn ich Zeit für die Familie habe, bin ich in der Zeit, in der ich arbeite, effizienter. Ich glaube auch, dass Teilzeitarbeit glücklicher macht. Aber nur, wenn man es hinbekommt, dass man in den 80% nicht 120% arbeiten muss.
Umfrage-Teilnehmer der Swiss Life Teilzeitstudie, Arbeitspensum 100%

Meiner Meinung sollten Firmen auch für Männer flexible Modelle anbieten und mit gutem Beispiel voran gehen. Wir hatten bei Contovista ein Mitglied der Geschäftsleitung der Zwillinge bekommen hat und deshalb auf 80% gewechselt hat. Mit diesem Schritt war es bei uns sicher kein Tabu-Thema mehr.
Gian Reto à Porta, Unternehmer und Investor
Es ist eine Erwartung, dass Männer Vollzeit arbeiten. Bei meinem jetzigen Arbeitgeber und bei allen bisherigen Firmen arbeiten die Männer in der Regel 100%. Die Frauen haben mehr Freiheiten und Luft, Teilzeit zu arbeiten. Es war historisch immer so und es braucht Zeit, dass sich das ändert.
Umfrage-Teilnehmer der Swiss Life Teilzeitstudie, Arbeitspensum 100%

In meinem Umfeld gilt es als grosses Privileg, wenn man sich die vielen Aufgaben in der Familie und bei der Arbeit aufteilen kann. Ich bin ein grosser Fan von Teilzeitpensen, weil ich weiss, dass nicht nur die Arbeitsleistung und -motivation höher ist, sondern auch weil die Kinder in von der Zeit mit beiden Elternteilen profitieren. In der Wirtschaft bzw. in den Unternehmen der Zukunft braucht es noch viel mehr Frauenpower - und dafür braucht es möglichst flexible Arbeits- und Familien-Modelle für Frauen und Männer.
Tobias Zingg, Gründer Stadtlandkind
Es ist in vielen Branchen und auch in Abhängigkeit vom Karriere-Level immer noch ein Tabu-Thema, dass Männer Teilzeit arbeiten. Zurzeit arbeite ich eher mehr als 100%, da ich selbstständig bin. Ich kann mir aber vorstellen, dass viele Leute glücklicher sind, wenn sie Teilzeit arbeiten. Dann haben sie einfach mehr Zeit, sich ihren Interessen zu widmen und sich um die Familie zu kümmern.
Umfrage-Teilnehmer der Swiss Life Teilzeitstudie, Arbeitspensum 100% und mehr

Seit der Geburt meines ersten Sohnes arbeite ich 80% und ich kann es nur allen Männern empfehlen. Was mich seither bewegt, ist die Tatsache, dass ich im Vorfeld auf Widerstand und Unverständnis stiess. Seither ging aber einiges in der Wirtschaft und auch bei meiner Arbeitgeberin. Aber es beschäftigt mich immer noch sehr, weshalb so viele Männer nach der Geburt einfach so weiter machen, wie zuvor. Sprich weshalb weder sie sich eine andere Rolle vorstellen können und weshalb es von ihren Partnerinnen nicht vermehrt eingefordert wird. Mit WE/MEN wollen wir einerseits zeigen, dass Gleichberechtigung nur möglich ist, wenn Männer und Frauen sich gemeinsam dafür einsetzen. Andererseits haben wir grosse Lust, die Debatte über Rollenbilder anzustossen.
Pirmin Meyer, Head of Public Affair Zurich Schweiz und Co-Gründer WE/MEN

Für mich war der Entscheid, mein Arbeitspensum zu reduzieren, ein völlig natürlicher, den ich nach über vier Jahren in diesem Modell noch mehr zu schätzen weiss. Ich bin – trotz Anstrengung, logistischen Herausforderungen und bisweilen auch Fragmentierung – sehr froh, dass meine Frau und ich diese Kleinkindphase partnerschaftlich angegangen sind und noch dankbarer für die Zeit, die ich als Vater unserer zwei Kinder im «normalen» Kinderalltag zwischen Krabbelgruppe, GZ-Aktivitäten, Coiffeurtermin und Kinderarztuntersuchung auch jenseits des Wochenendes erleben durfte und weiterhin darf.
Markus Herrmann, Director and Managing Director Switzerland Sinolytics GmbH
Wenn ich arbeite, dann sind es 100%. Teilzeit wäre in meinem Job nicht möglich. Ich kann mir aber vorstellen, dass jemand, der Vollzeit arbeitet, um für die Familie zu sorgen, später denkt, dass er allerhand verpasst hat.
Umfrage-Teilnehmer der Swiss Life Teilzeitstudie, Arbeitspensum 100%

Ich bin letzten Dezember Vater geworden und habe mein Pensum daraufhin auf 80% reduziert. Den zusätzlichen Freitag empfinde ich als grosse Bereicherung und möchte ich nicht missen. Ab kommendem Mai nehme ich sogar eine komplette Auszeit auf unbestimmte Zeit, um mich vollends Familie und persönlichen Projekten widmen zu können. Dieses Gefühl der Freiheit und Flexibilität ist für mich der grösste persönliche Luxus den ich mir vorstellen kann.
Flurin Müller, Head of Product, Investor und Advisor