Fair produzierte Kleider, schönes Design und unaufgeregte Farben: Das alles ist Little Indi, das Label von Julia Kreienbühl. Wir haben sie im luzernischen Sursee besucht und mit ihr über Vida diskutiert – das Leben und ihre kleine Tochter.
Julia Kreienbühl ist Textildesignerin und gründete im Herbst 2012 ihr Label Little Indi für Kinderkleider aus 100% Bio-Baumwolle und fairer Produktion. Mit ihrem Mann und ihrer dreijährigen Tochter Vida lebt sie in Sursee. littleindi.ch
Die erste Little Indi Kollektion hast Du selber produziert. Also jedes einzelne Stück von Hand genäht. Erzähl uns davon.
Ja, tatsächlich. Ich habe wirklich alles selber gemacht. Ich bin tagelang in meinem Atelier gesessen und habe genäht und genäht und genäht.
Wie hast Du da bloss nebenbei noch eine Familie haben können?
Das war noch vor der Geburt meiner Tochter. Sie ist mit ein Grund, weshalb ich irgendwann die Reissleine ziehen musste, respektive mir einen anderen Weg überlegen musste. Als Vida auf der Welt war, hatte ich anderes zu tun. Ich hatte ja ein kleines Baby! Ich habe Little Indi eine Zeit lang auf Eis gelegt. Als ich wieder loslegte, war schnell klar: Es muss sich etwas ändern. Denn ich arbeitete ganze Wochenden durch und der Familienalltag litt.
Du hast also nach einem Produzenten für Deine Kleider gesucht. Was war Dir dabei wichtig?
Ich wollte, dass meine Kleider fair produziert werden.
Ein nobler Gedanke. Aber auch ein realistischer?
Es war sehr schwierig. Zuerst habe ich bei Kolleginnen angefragt und wollte wissen, wie sie das machen. Zudem habe ich bei der Schule nachgefragt, an der ich studierte, ob sie mir vielleicht weiterhelfen können. Es passte nichts so richtig. Und erstaunlicherweise wussten auch ganz viele Leute, die in dieser Branche arbeiten, nicht Bescheid.
Wie ging es also weiter?
Von einer Freundin habe ich eine Adresse in Thailand erhalten. Mit diesem Betrieb bin ich in Kontakt getreten und habe viele Fragen gestellt. Doch es passte nicht. Die Kommunikation war holprig. Und vor allem hatte ich keinen Einblick in ihren Produktionsbetrieb. Zudem hätte ich den Stoff an einem anderen Ort kaufen müssen. Sie hätten meine Kleider bloss genäht. An dem Ort, an dem ich heute bin, habe ich das Gesamtpaket: Es wird alles im Umkreis von 40 Kilometern produziert. Ich gebe mein Design ab und sie liefern mit das fertige Produkt.
Du hast es also geschafft und eine faire Manufaktur gefunden. Wie?
Ich hatte schon beinahe aufgegeben. Der Gedanke: «Dann hörst Du halt auf», kam mir mehr als einmal. Als letzten Schritt habe ich eine E-Mail an die Erklärung von Bern geschickt, eine unabhängige Schweizer Organisation, die sich für eine gerechtere Globalisierung einsetzt. Doch siehe da, auch sie hatten keine Liste von fairen Produzenten. Aber sie konnten mir den Kontakt zu einer Firma herstellen, die genau dasselbe Problem hatte wie ich und sich selbst eine Alternative aufgebaut hatten. Sie haben nämlich kurzerhand eine Manufaktur in Indien übernommen und diese für ihre Ansprüche umgebaut - mit dem Ziel verbindliche, langfristige Arbeitsplätze zu schaffen und die Näherinnen und Näher zu fairen Konditionen und mit existenzsichernden Löhnen zu beschäftigen. Genau was ich suchte also.
Deine Kleider werden nun also in Indien hergestellt. Hast Du Dir das Ganze denn persönlich angeschaut?
Nein, noch nicht. Das ist aber definitiv ein Ziel. Ich kenne aber Leute, die da waren. Und mein Schlüsselerlebnis mit dem Produktionsbetrieb hatte ich schon sehr früh.
Das so war?
Bei der Produktion in Thailand hatte ich früh gefragt, ob ich denn auch mal vorbeikommen dürfe, um mir das anzuschauen. Die Antwort auf diese Frage war für mich der ausschlaggebende Punkt, ob sie etwas zu verstecken haben. Bei der indischen Produktion musste ich diese Fragen gar nicht stellen. Sie kam von ihrer Seite und ganz am Anfang. «Wann kommst Du uns besuchen?» Da wusste ich: Hier bin ich gut aufgehoben. Es war aber auch ein Bauchgefühl. Ich hatte das Gefühl, angekommen zu sein.
Was ist Dir besonders wichtig?
Alles. Die ganze Produktionskette vom Bauwollbauer bis zum fertigen Produkt. Ich will, dass alles stimmt. So gross das jetzt auch tönt, aber ich will wirklich ein Produkt haben, das fehlerfrei ist. Ich weiss, dass es vielleicht Lücken gibt. Aber ich vertraue in diesen Betrieb.
Wie müssen wir uns denn eine solche Produktionskette vorstellen?
Die Baumwolle kommt im Rohzustand in die Manufaktur, dann wird sie gesponnen und zu Stoff verarbeitet. Dann wird gefärbt und zwar mit biologisch-zertifizierten Farben und anhand meiner Farbwünsche. Der unifarbige Stoff wird dann per Siebdruckverfahren bedruckt und daraus meine Kleider genäht. All das natürlich auf Basis sogenannter Infosheets, welche ich der Manufaktur zuschicke.
Eine Frage, die uns auf der Zunge brennt: Erklärt uns bitte dieses Rätsel um die Kleidergrössen.
Der Schnitt des T-Shirts macht die Schnitttechnikerin anhand meiner Angaben. Die Grössen hingegen sind standardisiert. Warum das nicht bei jedem Geschäft übereinstimmt, ist mir leider wirklich auch ein Rätsel.
Aber bei Deinen Kleidern ist eine 74 eine 74?
Ja. Viele Kunden fragen mich das. Ich empfehle aber immer, eine Grösse grösser zu bestellen. Umelitze kann man es ja immer und dann hat man auch länger Freude daran. Aber Kleider in guter Qualität lassen sich einfach auch gut nachtragen und weitergeben. Das macht sie nachhaltig.
Wie viele Teile pro Artikel werden produziert?
Es gibt immer so viele Artikel, wie es Stoff hat. Das heisst, ich färbe so und so viele Kilogramm Stoff in dieser und jener Farbe, daraus werden dann Pullover gemacht. Diese nummeriere ich dann. Jeder Kunde weiss also, welches Teil er hat und wie viele dass es insgesamt sind.
Wie war es, als Deine erste Bestellung hereinflatterte?
Das war grossartig. Ich habe sofort meinen heutigen Mann angerufen und ins Telefon gejubelt: «Du, es hat wirklich jemand etwas gekauft!»
Bist Du stolz auf Dich?
Ja! Wenn ich so zurückschaue, was ich eigentlich mache, dann schon. Aber ich bin nicht so der Typ, der denkt: «Wow, das Kind hat meine Kleider an.»Das Wort Stolz kenne ich irgendwie nicht. Nicht, weil ich seltsam bescheiden wäre, aber ich mache das, was ich gerne mache und dafür bin ich dankbar.
Wo willst du hin?
Schön wäre, wenn ich davon leben könnte.
Was braucht es dazu?
Wahrscheinlich Wachstum. Ich weiss aber nicht, ob mir das dann noch geheuer ist. Denn ich habe gerne alle Fäden in der Hand. Es ist einfacher, wenn du jeden Schritt kennst und ausführst. Mein ganzes Business ist in meinem Kopf und ich muss es niemandem erklären. Wachsen heisst immer abgeben.
Wie machst Du Kleider seit Du Mutter bist? Hat Dich das verändert?
Ja. Gerade in meiner neuen Kollektion merke ich das: Ich habe einen anderen Blick auf Kleider bekommen - auch ästhetisch. Ich mag keine rosaroten Dinge und all diese Disney-Sachen, es muss nicht alles super gestylt sein, aber man muss ein Kind ernst nehmen. Einfach etwas Billiges anziehen, damit es etwas anhat, kommt für mich nicht in Frage. Es soll wertvoll sein, was übrigens nichts mit teuer zu tun hat. Es soll eine Welt sein, die hochwertig ist.
Sprechen wir also über Geld. Wie gestaltest Du denn Deine Preise?
Ich versuche beide Seiten zu sehen. Das heisst, ich will, dass die Leute, die die Kleider herstellen, auch fair bezahlt werden. Aber ich möchte auch die Seite der Eltern in Betracht ziehen, die diese Kleider dann für ihre Kinder kaufen. Das ist mit der Grund, warum ich in der neuen Kollektion auch unifarbige Leggings haben. Die sind in der Produktion günstiger und so probiere ich, Basics zu machen, die bezahlbar sind aber trotzdem gut aussehen.
Wieso heisst dein Label Little Indi?
Ich habe mir das Kind vorgestellt, das meine Sachen trägt: Es soll unabhängig und selbstständig sein. Ein Kind, das weiss, was es will und eigenständig denken kann.
Dein persönliches Little Indi ist Vida. Wie Indi ist sie denn?
Sehr. Von Anfang an hatte sie schon ihren eigenen Kopf.
Wie sieht es aus mit einem zweiten Kind?
Sehr gerne.
Und ein drittes?
Vielleicht, ja. Ich hätte eigentlich gerne viele Kinder. Aber ich glaube, ich nehme jetzt einfach mal ein zweites und dann sehen wir weiter.