Isabelle Kade ist eine der erfolgreichsten Mami-Bloggerinnen der Schweiz. Und glücklich. Wie das eine mit dem anderen im Zusammenhang steht und ob in der happy Onlinewelt auch Platz für anderes ist, erzählt sie uns im Tadah-Interview.
Isabelle Kade ist Bloggerin und richtet sich mit ihrer Seite Mini & Stil an alle Eltern sowie Mamas und Papas in spe. Sie wohnt mit ihren Töchtern (3 Jahre sowie 9 Monate) und ihrem Mann in Zürich. miniundstil.ch
Tadah: Bist du glücklich?
Im Moment bin ich an einem Punkt in meinem Leben angelangt, an dem ich sagen kann: Ich bin sehr glücklich. Meine Familie macht mich glücklich. Und dafür bin ich sehr dankbar. Das allergrösste Glück überhaupt ist aber, dass wir gesund sind. Und ich habe immer Angst, dass an diesem Glück gerüttelt wird. Denn darauf haben wir keinen Einfluss.
Was hat sich verändert seit die Kinder da sind?
Die Nächte sind kürzer geworden und tagsüber halten uns die Kinder immer auf Trab. Das braucht Energie und deshalb fehlt es mir, am Wochenende einfach mal ausschlafen zu können. Und natürlich haben mein Mann und ich – jetzt vor allem auch mit dem zweiten Kind – viel weniger Zeit als Paar.
Was fehlt Dir sonst noch?
Manchmal die Ruhe. Mit zwei kleinen Kindern bleibt kaum Zeit für mich. Abends, wenn sie dann im Bett sind, dann wollen sowohl mein Mann als auch ich einfach mal eine Minute für uns selbst. Gewisse SMS beantworten, kurz ins Internet gehen. Wir müssen uns daher ganz bewusst Zeit nehmen füreinander. Und das tun wir auch. Einmal in der Woche ist unser handyfreier gemeinsamer Abend.
Apropos füreinander: Warum habt Ihr Euch füreinander entschieden?
Ich habe meinen Mann über Parship kennengelernt. Und es ist ein super Match, das war es von Anfang an. Wir sind relativ schnell zusammengezogen, haben geheiratet und Kinder bekommen.
Partnersuche 2.0 also.
Genau. Ich hatte keine Lust mehr in den Ausgang zu gehen, um dort jemanden kennenzulernen – um dann am nächsten Tag zu erfahren, dass er doch eine Freundin hat. Das war mir alles echt zu blöd. Also habe ich mir gedacht: Ich probiere jetzt dieses Onlinedating aus. Ich hatte von vielen gehört, dass es geklappt hat. Was sprach denn schon dagegen?
Ich gebe gerne und offen zu, dass ich meinen Mann im Internet kennengelernt habe. Klar, es tönt romantischer, wenn du sagst, dass du ihn im Urlaub beim Sonnenuntergang getroffen hast – aber ehrlich gesagt: Das ist doch völlig egal.
Die digitale Schwelle vielleicht.
Naja. Es ist doch eigentlich gleich wie im echten Leben. Ausser, dass du gewisse Dinge vordefinieren kannst – die Grösse, die Ausbildung, Interessen –, das schafft eine gewisse Grundlage. Aber nachdem du diese digitale Schwelle überwunden hast, lernst du dich ja im richtigen Leben kennen. Das Internet vereinfacht die Partnersuche und es macht die Welt offener.
Es hat Dich also gar keine Überwindung gekostet, Dich da anzumelden?
Ich weiss, es hat bei vielen Leuten einen negativen Touch. Aber das ist total doof. Ich gebe gerne und offen zu, dass ich meinen Mann im Internet kennengelernt habe. Klar, es tönt romantischer, wenn du sagst, dass du ihn im Urlaub beim Sonnenuntergang getroffen hast – aber ehrlich gesagt: Das ist doch völlig egal. Ich stehe dazu. Ich finde es super und würde es jedem empfehlen.
Gibt es Momente, in denen Du nicht glücklich bist?
Nein. Glück ist etwas Grundsätzliches. Ich bin sicherlich ab und zu hässig oder deprimiert. Besonders an Tagen, an denen ich müde bin, weil ich keinen Schlaf bekommen habe. Und klar gibt es auch Tage, an denen ich genervt bin. Aber das ist für mich nicht die Definition von Glück. Glück ist für mich etwas, das ein länger anhaltender und tieferer Zustand ist. Etwas, das du nicht einfach so kippen kannst.
Du bewegst Dich mit Deinem Blog Mini & Stil in einer von aussen sehr proper und glücklich wirkenden digitalen Scheinwelt. Hat es darin Platz für Unglück und Dreck?
Die negativen Dinge des Familienlebens fasse ich mehr in Worte als in Bilder. Wenn ich mal nicht geschlafen habe, mich etwas wirklich nervt, mich die Kinder zur Weissglut treiben, dann schreibe ich also eher darüber. Ich möchte meine Kinder aber auch beschützen.
Wie meinst Du das?
Ich möchte nicht zu viel darüber schreiben, dass mich meine Kinder auch mal nerven können. Und das nicht, weil ich eine heile Welt vorspielen will. Aber ich möchte nicht alles, was mich beschäftigt gegen aussen kehren.
Du zeigst Deine Kinder aber online auf Fotos.
Ich zeige meine Kinder wenn sie glücklich sind und sie Freude haben. Ich möchte aber nicht Fotos von ihnen online stellen, auf denen sie weinen und unglücklich sind oder auf denen sie Spaghetti bis hinter die Ohren haben – ich finde, das bringt meinen Lesern auch nichts. Zudem sehe ich auch selber bei anderen gerne schöne Bilder. Deswegen mache ich es auch so.
Es ist mir bewusst, dass es ein schwieriges Thema und ein schmaler Grat ist. Ich stelle aber nur ganz gezielt Bilder online. Es gibt zum Beispiel ganz viele Fotos, die ich sehr herzig und schön finde, die ich aber trotzdem nicht auf meinem Blog haben will, weil sie mir zu persönlich sind. Aber ja, ich zeige meine Kinder. Ich habe gewisse Aufnahmen, da sind sie gesichtslos – also von hinten oder verschwommen. Und dann gibt es auch ganz klar die Bilder von ihnen, auf denen man sie erkennt.
Was glaubst Du, werden sie einmal davon halten?
Einerseits denke ich: Sie wachsen damit auf – das ist unsere heutige Welt. Andererseits will ich nicht alles dokumentieren. Ach, es ist schwierig. Und es ist schwierig abzuschätzen, was sie einmal sagen werden. Ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich glaube einfach, unsere Kinder wachsen anders mit dem Ganzen auf, als wir. Es ist Teil von ihnen. Und vielleicht ist es gar kein Thema, solange eben keine peinlichen Bilder von ihnen im Netz sind.
Erzähl uns von den Anfängen deines Blogs.
Ich habe sehr lange in der PR gearbeitet. Dabei hatte ich die Aufgabe, Bloggerinnen oder Influencerinnen anzugehen, um gewisse Produkte zu platzieren – im Mami-Bereich. Das war sehr schwierig, in der Schweiz gab es vor 2016 fast nichts. Also habe ich es einfach selber gemacht.
Hauptberuflich?
Ich habe nebenbei noch 40% in einer Agentur gearbeitet – bis es zu viel wurde. Mein Mann sagte mir dann eines Tages, dass es nicht sein könne, dass ich jeden Abend arbeite. Ich müsse entweder den Blog reduzieren oder halt meinen Job kündigen. So habe ich mich für den Blog entschieden. Ich weiss: Es ist ein Luxus, dass ich mir das so leisten konnte.
Ich bin keine Influencerin. Das tönt nach beeinflussen – im negativen Sinn. Ich möchte eher Inspiratorin sein.
Bist Du eine Influencerin?
Nein. Ich finde, das tönt so negativ. Das tönt nach beeinflussen – im negativen Sinn. Ich möchte eher Inspiratorin sein. Eine Freundin von mir hat es gelungen formuliert. Sie sagte mir, sie sei froh, dass ich für sie die Vorauswahl treffe. Das finde ich super. Aus diesem riesigen Angebot, dem wir ausgesetzt sind, kann ich eine Selektion treffen, die anderen hilft. Damit sie sich nicht durch alles durchwühlen und recherchieren müssen.
Wie viel ist heute im Internet Einheitsbrei und wie viel tatsächlich noch Individualität?
Beim Skandinavientrend ist es schon so, dass man ihn auch offline überall sieht. Ich wurde vor kurzem mal gefragt, ob es denn überhaupt noch Kinderläden gäbe ohne skandinavische Möbel. Trotzdem: Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umsehe, sind bei weitem nicht alle gleich eingerichtet.
Apropos Einrichten: Bei Dir sieht jedes Foto superschön und arrangiert aus. Hand aufs Herz, da steckt viel Arbeit dahinter, oder?
Für ein gutes Foto hat man schnell mal eineinhalb Stunden. Arrangieren, Foto machen, Auswahl treffen, Bildbearbeitung… Das zählt sich.
Ich möchte auf keinen Fall das Leben durch einen Bildschirm beobachten. Ich möchte den Moment mit meinen Kindern erleben.
Das kannst Du nicht machen, wenn die Kinder da sind.
Das mache ich an meinen zwei Arbeitstagen. Das würde mit den Kindern nicht gehen. An den Tagen, an denen ich mit meinen Töchtern bin, nehme ich im Übrigen auch nicht immer die Kamera mit. Ich möchte auf keinen Fall, das Leben durch einen Bildschirm beobachten, sondern den Moment mit meinen Kindern erleben.
Dich gibt es also auch ohne Mini und Stil?
Sehr oft sogar. Also mit Mini und mit Stil – aber ohne digitales Publikum. Ich mache das sehr bewusst. Ich meine, da gibt es Leute, die haben Instastories vom morgen früh bis abends spät. Ihr gesamter Tag ist dokumentiert. Ich weiss gar nicht, wie die das machen. Abgesehen davon, dass ich das nie machen wollen würde.
Spielst Du das Social-Media-Spielchen? Liken, kommentieren, gegenliken?
Nein. Wenn mir jemand folgt, schaue ich mir sein Profil an. Wenn mir dann die Bilder auch gefallen, dann folge ich der Person.Wenn nicht, eben nicht. Ich will, dass mein Profil den Leuten gefällt, dass sie meine Texte mögen und mir deswegen folgen und bei mir bleiben. Natürlich ist es mein Ziel, dass meine Fangemeinde wächst. Aber dieses Spiel ist mir zu blöd. Diese ganze Welt hat teilweise auch etwas sehr verlogenes.
Kann man sich darin verlieren?
Kann ich mir durchaus vorstellen. Und es passiert mir manchmal selber. Es wäre so spannend einmal zu sehen, wie das hinter den Kulissen bei diesen krassen Insta-Moms aussieht. Oder Leute, die zehn Bilder pro Tag haben – wie machen die das?
Verstehst Du, dass sich Leute unter Druck gesetzt fühlen, dass sie sich an diesen Profilen und Fotos messen?
Ja. Aber das darf man einfach nicht zulassen. So sind die sozialen Medien. Man postet das, was man gerade Schönes erlebt. Alles andere nicht. Dem muss man sich bewusst sein.
Ich mag generell das Schöne. Und ich mag es aufgeräumt. Ich bin so und bei mir sieht es so aus.
Wie ist es denn bei Dir?
Wie gesagt: Über die nicht so schönen Sachen schreibe ich lieber. Aber ich mag generell das Schöne. Und ich mag es aufgeräumt. Ich bin so und bei mir sieht es so aus. Ich verlasse meine Wohnung zum Beispiel nur ganz, ganz selten unaufgeräumt. Und ich muss immer alles sofort aufräumen. Die Kissen zurecht rücken, die Figürli in den Setzkästen der Kinder arrangieren, das Puppenhaus ordnen.
Wie fest siehst Du Dich in der Verantwortung für das Glück anderer?
Ich wollte vor kurzem ein Laufgitter verkaufen auf Mamalicious. Ich habe dann eine Anfrage erhalten von einem Mami, mit der Frage, ob sie es günstiger haben könne. Ich wollte nicht, denn es war ein hochwertiges Produkt, für das ich viel bezahlt hatte. Das Mami hat dann gefragt, ob sie mir das Geld im Folgemonat geben könne, weil sie momentan keines mehr hätte. Da war für mich klar: Ich schenke es ihr. Wir leben so gut und da kommt es auf diese paar Franken eigentlich wirklich nicht an. Klar, das ist nur etwas Kleines, aber ich hoffe, ich habe sie glücklich gemacht. Und ich glaube, wir können und müssen auch im Kleinen anfangen. Und da genügt übrigens manchmal schon ein Lächeln.
Hat soziale Verantwortung Platz in der happy Onlinewelt?
Es muss. Unbedingt. Artikel wie der Tadah-Artikel über Herzensbilder sind da sehr wichtig. Um Geschichten Platz zu machen, Plattformen zu bieten.
Alles wirkt so schön, so perfekt. Zweifelst Du manchmal auch?
Natürlich. Es gab Phasen, da war meine Tochter zum Beispiel total Papi-bezogen. Ich durfte nichts. Nicht wickeln, nicht anziehen. Dann dachte ich jeweils: Mache ich etwas falsch? Warum ist sie so? Das hat mich schon verletzt. Und manchmal habe ich auch ein riesen Gjufel. Dann denk ich: Oh mein Gott, hab ich’s eigentlich nicht im Griff?
Dann wirst du auch laut?
Ja.
Hast Du dabei ein schlechtes Gewissen?
Habe ich. Denn ich werde nur laut, wenn ich nicht zufrieden bin mit einer Situation. Weil ich nicht dazugekommen bin, etwas zu tun – den Haushalt zu erledigen, Ordnung zu halten. Wenn ich laut werde, liegt es an mir und nicht an den Kindern. Es sind Situationen, in denen ich mit mir selber nicht im reinen oder mit mir selber nicht zufrieden bin.
Kinder sind eine Herausforderung und eine Verantwortung. Aber sie geben dem Leben diesen speziellen, höheren Sinn.
Ist Muttersein aber trotzdem die Erfüllung deiner Träume? Das ultimative Glück?
Ja. Kinder sind anstrengend und manchmal auch stressig. Sie sind eine Herausforderung und eine Verantwortung. Aber Kinder geben dem Leben diesen speziellen, höheren Sinn.