Schon Mark Twain wusste es: «In 20 Jahren wirst du mehr enttäuscht sein über die Dinge, die du nicht getan hast, als über die Dinge, die du getan hast. Also löse die Knoten, laufe aus dem sicheren Hafen aus und erfasse mit deinen Segeln die Passatwinde.» Eva Maria Eugster nimmt ihn beim Wort. Und uns mit - nämlich auf ihre grosse Reise. Der letzte Teil der grossen Segel-Weltreise.

Eva Maria Eugster ist im September 2017 mit ihrem Mann André und ihren beiden Töchtern Jaël (5) und Amina (3) losgesegelt. 3 Jahre waren sie auf der Mirabella unterwegs. Von Genua nach Teneriffa, in die Karibik über Französisch Polynesien nach Australien. Wir haben sie begleitet und in vier Etappen von ihren Abenteuern berichtet.
sailingmirabella.com
Teil 4:
Von Neuseeland um das Kap der guten Hoffnung zurück in die Karibik
#sailingmirabella

Vor über drei Jahren seid ihr los auf Eure grosse Reise – unglaublich. Erzähl, wie geht es Euch?
Es geht uns sehr gut. Vor ein paar Wochen haben wir unseren eigenen Track gekreuzt: Vor etwas mehr als drei Jahren sind wir nach dreiwöchiger Atlantiküberquerung in Barbados angekommen. Nun sind wir von Südafrika via Brasilien zurück in die Karibik gesegelt. Der Kreis ist geschlossen – wir haben die Welt umsegelt! Was für ein Abenteuer und was für ein tolles Gefühl, das als Familie erleben zu dürfen.
Wo wart Ihr nun überall?
Angefangen haben wir in Ligurien. Von dort ging es via Frankreich, Balearen, Spanien und Marokko und Gibraltar nach Teneriffa. Dann folgte die erste Atlantiküberquerung – wir waren 21 Tage auf See – nach Barbados. Wir besuchten verschiedene Inseln in der Karibik wie beispielsweise Bequia, Union Island, Petit St. Vincent, Tobago Kays, Grenada, Saint Lucia und Martinique. Dann ging es weiter Richtung Panamakanal mit einem Zwischenstop in Bonaire. Wir wollten günstiges Wetterfenster abwarten, um das berühmt berüchtigte Kap von Santa Marta passieren zu können. Dort herrschen meist rauhe Bedingungen und man tut gut daran, die Windprognosen gut zu beobachten.
Und dann?
Wir passierten den Panamakanal und segelten von dort weiter nach Galapagos. Es folgte die Pazifiküberquerung – 16 Tage auf See – zu den Marquesas Inseln. Dies ist die erste und abgelegenste Inselgruppe von Französisch Polynesien. Danach erkundeten wir die Tuamotus, ein Taucherparadies sondergleichen und schliesslich die Gesellschaftsinseln wie Tahiti, Moorea, Huahine, Taha’a, Bora Bora, Maupiti und Maupelia. Schweren Herzens verliessen wir diese paradiesischen Inseln, eine schöner als die andere, jede Inbegriff des Südseetraums. Die Reise führte uns weiter über Niue und Tonga nach Opua, Neuseeland. Dort blieben wir vier Monate.
Wow. Und als ob das nicht genug Abenteuer wäre...
Ende Februar ging es weiter nach Sydney. Von der australischen Metropole segelten wir die Ostküste hoch bis nach Southbeach, von wo wir Mitte Mai 2019 nach Neukaledonien weiterfuhren. Danach folgten wunderbare drei Monate in Vanuatu bevor es über Papua Neuguinea nach Indonesien weiterging. Mit Singapur erreichten wir eine weitere spannende Metropole. Nach der sehr verkehrsreichen Strasse von Malakka waren wir froh, in Langkawi eine kurze Pause einlegen zu können. Danach ging die Reise weiter nach Thailand, Sri Lanka auf die Malediven.
Das Kap der Guten Hoffnung zu umrunden war einfach viel verlockender als die wegen Piraterie berühmt berüchtigte Passage durchs Rote Meer.
Endstation?
Dort änderten wir unsere Pläne. Anstelle wie ursprünglich geplant durch das Rote Meer und den Suezkanal ins Mittelmeer zurückzukehren, beschlossen wir den Umweg über Südafrika zu machen, Madagaskar zu sehen, Afrika zu entdecken. Das Kap der Guten Hoffnung zu umrunden war einfach viel verlockender als die wegen Piraterie berühmt berüchtigte Passage durchs Rote Meer.
Wo erreichte Euch der Lock Down?
Kurz nach unserer Ankunft auf den Malediven kam der Lockdown wegen Corona. Mauritius und Madagaskar blieben leider auch für den Rest des Jahres geschlossen. Somit segelten wir Anfang Mai nach La Réunion. Wir verbrachten fast ein halbes Jahr auf dieser wunderschönen Insel und segelten im November weiter nach Südafrika. Von da aus arbeiteten wir uns Stück für Stück die Küste von Richards Bay nach Kapstadt voran. Segeltechnisch sicherlich eine der anspruchsvollsten Passagen. Last but not least ging es dann wie schon anfangs erwähnt von Kapstadt nach Cabedelo, Brasilien. Dies war unsere zweite Atlantiküberquerung – 22 Tage auf See. Dort machten wir einen einwöchigen Zwischenstopp, um uns auszuruhen und zu provisionieren, bevor wir dann nach Antigua weitersegelten – 12 Tage auf See. Unser nächstes Ziel ist nun noch New York via Bermuda, sofern es mit den Visa klappt.




Das letzte Jahr war für viele ein grosser Sturm. Wie habt Ihr die Pandemie auf dem Schiff erlebt?
Corona hat uns wie gesagt auf den Malediven eingeholt. Wir hatten gerade vor Guhli, einer kleinen Insel im South Male Atoll geankert. Ein gut geschützter Ankerplatz in einer wunderschönen Lagune mit türkisfarbenem Wasser. Wir wollten kurz an Land und machten das Dinghy am Steg fest, als zwei Männer auf uns zukamen. Der eine war Polizist, der andere Gesundheitsbeauftragter der Insel. Sie erklärten uns, dass wir ab sofort nicht mehr an Land durften. Zu dem Zeitpunkt gab es aber kaum Fälle auf den Malediven und wir waren schon seit einem Monat im Land, kamen also nicht von aussen. Aber es war so angeordnet von der Regierung. Alle Boote mussten an Ort und Stelle bleiben und durften ab sofort nicht mehr navigieren. Das war schon sehr komisch. Zumal sich die Einheimischen nach wie vor frei bewegen durften.
Das Verbot richtete sich nur gegen die Ausländer?
Ja, von «ihnen» kam ja auch das böse Virus. Wir hatten bis anhin auf unserer Reise keinerlei negative Erfahrungen gemacht.
Ihr durftet nicht mehr an Land?
Ab besagtem 16. März 2020 bis zu unserer Abreise am 2. Mai nicht, nein. Glücklicherweise konnten wir noch schwimmen, schnorcheln und Speerfischen, sonst wäre es sehr schwierig geworden bei dieser Hitze auf so engem Raum die ganze Zeit. Nach knapp drei Wochen kam die Anordnung, dass alle Boote sich auf ein paar wenigen, von der Regierung definierten Ankerplätzen einfinden mussten. Obwohl wir sehr nahe beim Hauptort Male waren, wollten wir keinesfalls dorthin. Dort wimmelte es von all den gestrandeten Tauchbooten und es war kein schöner Ort zum Schwimmen und Schnorcheln. Wir entschieden uns deshalb, nach Gan, im südlichsten Atoll zu segeln. Dort, wo wir sowieso ausklarieren wollten, wenn das Wetter anfangs Mai dann wechselt und wir unsere Reise weiter Richtung Südwesten fortsetzen konnten.
Unsere tägliche Routine bestand aus schwimmen, Bootsschule, schnorcheln, Speerfischen und jeden zweiten Tag Brot backen.
Auch wenn wir uns keine Abstecher erlauben konnten, gab uns dieser Wechsel doch ein paar Tage schönes Segeln, ein kleines Stückchen Freiheit. In Gan fanden wir in Ortsnähe keinen sicheren Ankerplatz. Wir ankerten zehn Meter entfernt im Schutz eines Riffs und einer kleinen unbewohnten Insel. Dort verbrachten wir die restliche Zeit. Unsere tägliche Routine bestand aus schwimmen, Bootsschule, schnorcheln, Speerfischen und jeden zweiten Tag Brot backen. Es war unglaublich heiss und das Wasser 31° warm. Wir hatten eine Kontaktperson, bei der wir via Whats App Lebensmittel bestellen konnten. André holte diese dann mit dem Dinghy ab. Die Übergabe erfolgte jeweils unter Polizeiaufsicht, ohne verlassen des Dinghys. Alles in allem also eine etwas seltsame Zeit, die aber trotzdem auch viel Schönes hatte. Ich denke wir werden ab und zu mit Sehnsucht an diese Zeit denken.
Nun müssen wir uns laufend informieren, welche Länder offen und welche geschlossen sind.
Hattet Ihr irgendwelche Einschränkungen oder andere Vorfälle rund um Corona?
Natürlich hat Corona unsere Routenplanung eingeschränkt. Vor Corona mussten wir uns nur über die jeweiligen Formalitäten informieren, aber grundsätzlich stand uns fast jedes Land offen. Nun müssen wir uns laufend informieren, welche Länder offen und welche geschlossen sind. Mauritius blieb geschlossen und eines unserer grossen Ziele Madagaskar leider auch. Die Bestimmungen ändern sich oft auch sehr kurzfristig. Segler müssen nun teilweise längere Passagen auf sich nehmen, weil Inseln dazwischen geschlossen sind. Und hier in der Karibik bleibt uns unser Wunschziel Guadeloupe verwehrt. Während unseren Aufenthalten in La Réunion, Südafrika und in Antigua galten für uns jeweils dieselben Einschränkungen wie für die einheimische Bevölkerung. So zum Beispiel die Maskenpflicht und Sperrstunden. In Südafrika gab es ausserdem ein Alkoholverbot und die Strände wurden geschlossen, dafür drängten sich die Leute dann in die Shoppingmalls. Nicht alle Massnahmen sind nachvollziehbar, aber ich denke, das ist überall dasselbe.



Ihr seid nun zurück in der Karibik. Dann geht’s heim. Wie fühlt sich das an?
Auf der einen Seite fühlt es sich toll an, wieder in der Karibik zu sein. Das Gefühl, so etwas Grosses zusammen erreicht zu haben, ist schon toll. In dieses Hochgefühl mischt sich aber nach und nach auch Wehmut, das Bewusstsein, dass es nun eher dem Ende der Reise entgegengeht. Die Vorstellung, irgendwann in ein paar Monaten das Boot zu verlassen und sich davon trennen zu müssen, macht uns schon Mühe. Mirabella war die letzten vier Jahre unser Zuhause. Sie hat uns sicher um die ganze Welt gebracht. Der Weg ins Ungewisse, das vertraute Zuhause aufgeben und wieder von vorne anfangen, wieder Fuss fassen, das wird eine grosse Herausforderung – besonders mit all den Veränderungen, die Corona gebracht hat. Aber wir werden sie auch meistern, Stück für Stück, da habe ich keine Zweifel.
Was müsst Ihr alles vorbereiten?
Im Moment sind wir dabei, das Visum für Amerika zu beantragen, damit wir die Reise nach Europa planen können. Es wäre schön, wenn es mit der Nordroute trotz Corona klappt. In Zürich haben wir immer noch unsere Wohnung, wir hatten sie lediglich untervermietet. Für Juli bis September müssen wir noch eine Lösung finden, da die aktuellen Untermieter wahrscheinlich per Ende Juni ausziehen. Wenn die Route über Kanada und Grönland klappt, sind wir erst Ende September zurück.
Was hat sich seit Ihr los seid verändert? Wie hast Du Dich verändert?
Der Bootsalltag ist einfacher geworden. Wir sind ein eingespieltes Team, auch auf den Passagen. Die Kinder sind selbständiger geworden, das macht es für uns auch einfacher. Jaël hat seit Südafrika sogar angefangen, nach dem Mittagessen eine Stunde Wache zu halten. Wenn wir vor Anker sind, finden die Kinder immer schnell Anschluss, weil sie inzwischen gut Englisch sprechen und verstehen.
Damals nach der dreiwöchigen Atlantiküberquerung wollte ich erst einmal nichts mehr hören von längeren Passagen.
Ob ich mich verändert habe, kann ich nicht so gut beurteilen. Ich habe sicher gelernt, die kleinen Dinge zu schätzen und bin kaum noch nervös vor längeren Passagen. Damals nach der dreiwöchigen Atlantiküberquerung wollte ich erst einmal nichts mehr hören von längeren Passagen. Jetzt – drei Jahre später – sind wir in 22 Tagen von Kapstadt nach Brasilien gesegelt und nach nur einer Woche Pause gleich weitergesegelt nach Antigua, was weitere 12 Tage auf See bedeutete. Das wäre vor drei Jahren unvorstellbar gewesen.




Deine Kinder haben einen grossen Teil ihres Lebens auf der Mirabella verbracht. Sie ist ihr Zuhause. Wie bereitest Du sie auf das «neue» Leben vor?
Um die Kinder mache ich mir keine Sorgen. Sie passen sich neuen Situationen schnell an und sehen immer das Positive. Sie leben im Hier und Jetzt und hadern nicht mit der Vergangenheit. Sie freuen sich zum Beispiel auf ihre Freunde, auf die Grosseltern, ihre Göttis und Gottis und aufs Velo fahren. In Kapstadt haben wir ein paarmal Fahrräder gemietet, das hat beiden unheimlichen Spass gemacht. Jaël freut sich ausserdem auf die Bibliothek. Sie hat das Lesen entdeckt und alleine die Vorstellung, sich immer wieder neue Bücher ausleihen zu können, versetzt sie in Vorfreude. Aber sie sehnen die Rückkehr nicht ungeduldig herbei. Sie leben im Hier und Jetzt.
Zeit zusammen, die vorher eher knapp war, hatten wir plötzlich im Überfluss.
Wenn Du daran denkst, wie Du Dir Eure Reise vorgestellt hast und wie sie jetzt tatsächlich war – stimmt das überrein?
Im Grossen und Ganzen stimmt das schon überein. Etwas unterschätzt haben wir vielleicht, wie es so ist, rund um die Uhr zusammen zu sein. Insbesondere mit den Kindern ist das schon eine Herausforderung. Zeit zusammen, die vorher eher knapp war, hatten wir plötzlich im Überfluss. Das war für alle eine Umstellung.
Die Kinder haben mich aber im positiven Sinne sehr überrascht. Wie sie die erste Atlantiküberquerung gemeistert haben, war verblüffend. Ihre Anpassungsfähigkeit ist unglaublich. Inzwischen sind längere Segelpassagen für sie das Normalste der Welt. Sie haben sich selbst Englisch beigebracht und finden überall Freunde zum Spielen. Ausserdem zeigen sie uns die Welt mit ihren Augen und bringen uns immer wieder zum Lachen.





Was rätst Du Eltern, die mit ihren Kindern lange verreisen möchten?
Man sollte nicht zu lange auf den perfekten Zeitpunkt warten, denn es wird immer Gründe geben, die einen daran hindern es zu tun. Sonst wartet man am Schluss zu lange und geht dann gar nie. Manchmal macht man sich auch zu viele Gedanken. Viele Dinge regeln sich von alleine. Das ideale Alter liegt meiner Meinung nach so zwischen 4 und 10 Jahren würde ich sagen, aber wir haben auch Boote mit Babys oder Teenagern getroffen. Ich finde es wichtig, die Kinder mit in die Pläne einzubeziehen besonders, wenn sie schon schulpflichtig sind und einen festen Freundeskreis haben. Wenn die Kinder dagegen sind und eigentlich nicht mit wollen, wird es schwierig. Solche Beispiele haben wir auch erlebt. Besonders bei Familien mit Einzelkindern. Einige haben dann die Reise früher als geplant beendet. Man findet zwar immer Kinderboote an den Ankerplätzen, aber unterwegs auf einer Ozeanüberquerung kann es für ein Einzelkind schon langweilig werden.
Der soziale Kontakt mit anderen Kindern, hat der Euren Kindern gefehlt?
Nein, wir haben wie gesagt immer viele Boote mit Kindern angetroffen. Es gab Geburtstagspartys, Übernachtungen auf anderen Booten, gemeinsame Landausflüge und viel spielen in der freien Natur. Die Kinder entwickeln eine unglaubliche Phantasie. Die kreativsten Ideen entwickeln sie meistens aus Dingen, die sie am Strand oder im Wald finden.
Einzig während des Lockdowns auf den Malediven waren wir ganz alleine. In La Réunion hatte es zwar keine anderen Kinderboote, aber wir lernten an Land einheimische Familien mit gleichaltrigen Kindern kennen. Ausserdem waren dort viele andere Boote, die wie wir nirgendwo sonst hinkonnten. So entwickelte sich über die Monate eine richtige Gemeinschaft unter den Seglern in der Marina und den Leuten, die dort permanent auf Booten wohnten. Wir fühlten uns sehr zu Hause dort und waren sogar versucht zu bleiben.





Ganz besonders Kinder halten sich gerne und viel im Freien auf. Sie erkunden Wälder, Wiesen und Berge – im Urlaub oder daheim. Eine gute Insektenabwehr ist hier unabdingbar. ANTI-BRUMM® Kids sorgt für langanhaltenden Schutz gegen Zecken und einheimische und tropische Mücken und besitzt eine aussergewöhnlich gute Hautverträglichkeit.
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Welches war Eure liebste Destination?
Auch das ist schwer zu beantworten, aber ich würde sagen la Réunion, dicht gefolgt von Neuseeland, Französisch Polynesien und Sri Lanka. Es gibt so viele schöne Plätze auf dieser Erde. Was für einen gerade die eine Destination zur schönsten macht, ist meistens die perfekte Kombination. Sozusagen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zusammen mit den richtigen Personen zu sein. In la Réunion waren wir fast sechs Monate, weil Mauritius und Madagaskar geschlossen waren und Südafrika auch erst spät geöffnet hat. Dort hat für uns einfach alles gepasst. Die Insel bietet eine unglaubliche Vielfalt, die wir so nirgendwo sonst angetroffen haben. Man kann wandern wie in den Schweizer Bergen, es hat unzählige Wasserfälle, in denen man sich abkühlen kann, man kann klettern, Gleitschirm fliegen oder einfach die wunderschönen Strände geniessen. Nach dem Lockdown auf den Malediven waren wir natürlich etwas ausgehungert was soziale Kontakte betraf…
Ich finde es wichtig, die Kinder mit in die Pläne einzubeziehen besonders, wenn sie schon schulpflichtig sind und einen festen Freundeskreis haben





Was passiert nun mit der Mirabella?
Der Plan ist, mit Mirabella, via New York, Kanada, Grönland, Island und Norwegen nach Dänemark oder bis Norddeutschland zu segeln und dort zu verkaufen. Im Norden ist der Markt besser als im Mittelmeer, da sie in Dänemark gebaut wurde und x-yachten im Norden besser bekannt ist. Liebend gerne würden wir Mirabella behalten, aber das wäre leider viel zu teuer für ein paar Wochen Segelurlaub pro Jahr.
Besonders intensiv erlebe ich diesen Zusammenhalt während den Passagen, wo wir tagelang nur Wasser um uns herum haben und wir ganz auf uns alleine gestellt sind.
Was wirst Du am meisten vermissen?
Die Zeit zusammen als Familie. Es ist ein Privileg, die Entwicklung der Kinder so hautnah miterleben zu dürfen. Besonders intensiv erlebe ich diesen Zusammenhalt während den Passagen, wo wir tagelang nur Wasser um uns herum haben und wir ganz auf uns alleine gestellt sind. Mit den Kindern den unendlichen Sternenhimmel zu bestaunen oder den Sonnenaufgang zu bewundern, das sind sehr schöne Momente.
Ausserdem wird mir diese unglaubliche Freiheit und Mobilität fehlen – einfach mit Windeskraft und Sonnenenergie all diese schönen Orte bereisen zu können und das Zuhause immer dabei zu haben.
Wie sieht denn Euer zukünftiger Plan aus? Wohin geht’s, was werdet Ihr machen?
Wenn wir in Norddeutschland ankommen werden wir Mirabella zum Verkauf ausschreiben. Geplant wäre, dass die Kinder nach den Herbstferien in Zürich in die Schule gehen und wir uns wieder Arbeit suchen.
Zeit zurück gedreht auf September 2017: Würdest Du alles nochmals genau so machen?
Ich glaube im Grossen und Ganzen schon. Natürlich wissen wir jetzt viel besser, was es wirklich braucht und welche Dinge wirklich nützlich sind. Wenn wir jetzt nochmals starten würden, wäre es ja fast ein Kinderspiel. Aber das Lernen und sich Erarbeiten der Fähigkeiten ist ja Teil des Abenteuers und gehört dazu.






Update 2022
Nach einer Zusatzschlaufe in die USA und Kanada ist Eva Maria samt Familie nun auf der Rückreise zurück ins Mittelmeer. Das Boot ist bereits verkauft an eine Schweizer Familie mit zwei Mädchen - Ende Juni erfolgt die Übergabe in Ligurien, wo alles begann vor 5 Jahren, im 2017. Danach heisst es für Eva Maria und ihren Mann: Zurück in die Schweiz, Arbeit suchen und die Kinder einschulen.
Teil 3:
Von der Karibik über Galapagos zur Südsee nach Neuseeland
#sailingmirabella
Bilder von Eva Maria Eugster

Tadah: Euer Weg führte Euch die letzten Monate über Frankreich und die Balearen nach Marokko, Gibraltar und Teneriffa in die Karibik. Von da aus ging’s nach Panama, auf die Galapagos, nach Marquesas, Tuamotus, Tahiti, Niue, Tonga bis nach Neuseeland. Was sich liest wie ein Traum aus einem Abenteuerroman ist für Euch Realität. Wie geht es Euch?
Wir sind einmal halb um die Welt gesegelt mit zwei kleinen Kindern im Gepäck – das hört sich nicht nur an wie in einem Abenteuer, es ist eins. Aber das Schönste und Beste, was wir uns wünschen können. Unser Weg hierhin führte uns durch das Karibische Meer und durch die paradiesische Südsee. Das waren 30'000 Kilometer tiefblaues Wasser, abseits von Zivilisation, Stau und schlechter Luft.
Das tönt grossartig.
Ist es. Wir haben fantastische Menschen kennengerlernt, wissen jetzt wie Kokosnüsse geschält werden und wie man Fisch mit der Harpune schiesst. Wir wissen auch, dass es noch ganz viele einsame Strände gibt, sie aber oft nicht einfach zu erreichen sind – und das wiederum gut so ist. Wir haben Delfine, fliegende Fische, Wale und Vögel beobachtet. Wir waren alleine und auf uns selbst gestellt. Aber wer kann schon von sich behaupten, dass er den pazifischen Sternenhimmel ohne Lichtverschmutzung für sich alleine geniessen konnte?
Jetzt wart ihr gerade einige Wochen in Neuseeland, bald geht es los Richtung Australien. Bist Du lieber auf Land oder auf See?
Am liebsten bin ich vor Anker in einer schönen Bucht. Das ist das, was das Segeln ausmacht. Man hat sein Zuhause dabei und kann an wunderschönen Orten sein, wo man ohne Boot nicht hinkommen würde. Eine schöne Segelpassage geniesse ich auch. Die längeren Passagen sind für mich hingegen tatsächlich eher Mittel zum Zweck. Ich kämpfe ab und zu mit Seekrankheit und schalte dann einfach in eine Art Überlebensmodus. Schlussendlich sind wir mit dem Segelboot unterwegs, um die Welt zu entdecken und nicht, um möglichst viel zu segeln. Ich glaube, das sagt alles.
Bist Du noch nicht des Reisens überdrüssig?
Nein überhaupt nicht: Unsere Reise führt uns an wunderschöne Orte, die wir sonst wahrscheinlich nie sehen würden. Wir machen lieber weniger Stopps dafür längere. Das ist mit den Kindern entspannter. Ausserdem sind wir sind nicht mit dem Rucksack unterwegs und müssen aus der Tasche leben, das wäre sicher anstrengender. Die Mirabella ist unsere Konstante. Nur die Umgebung wechselt.




Kein Heimweh?
Im Dezember sind wir für einen Monat nach Hause geflogen und haben Freunde und Familie besucht. Ein Leben ausserhalb des Bootes – ganz ungewohnt.
Schlecht?
Nein, es war toll. Wir waren zudem nach dem Heimatbesuch während drei Wochen Neuseelands wunderschöne Südinsel erkundet. Zwei Wochen davon waren wir mit einem Motorhome unterwegs. Nach so langer Zeit auf dem Boot, war das eine schöne Abwechslung und wir haben die Zeit an Land sehr genossen. Nach so langer Zeit auf See lernt man die vorher so selbstverständlich gewordenen Vorzüge der modernen Zivilisation neu schätzen. Wie zum Beispiel unbeschränkte Warmwasserduschen, ein riesiger Kühlschrank, ein Tiefkühler, eine Waschmaschine in unmittelbarer Nähe. All diese Dinge erleichtern uns den Alltag zu Hause, aber man weiss sie kaum zu schätzen, weil sie so selbstverständlich geworden sind.
Wie war es für die Kinder?
Als wir in Auckland vor unserem Abflug nach Zürich das erste Mal in einem Airbnb übernachtet haben, waren sie ganz aus dem Häuschen. Der Kühlschrank wurde bestaunt, die Eiswürfel im Tiefkühlfach, die Mikrowelle, der Schrank im Zimmer, in dem sie sich sogar verstecken konnten, das Doppelbett… Aber nach zwei Monaten aus der Tasche leben, freuten sich alle wieder auf Mirabella.



Habt Ihr einen Tagesablauf
Wir versuchen eine gewisse Regelmässigkeit zu leben. Zum einen für die Kinder, aber indirekt auch für uns. Es ist für alle einfacher. Auf den Passagen richten wir uns nach Sonnenaufgang und -untergang. Der Morgen ist fliessend, da wir wegen den Nachtschichten unterschiedlich lange schlafen. Wer Frühdienst hat, versorgt die Kinder mit Frühstück. Mittag- und Abendessen ist gemeinsam und wir achten darauf, dass wir gegessen haben, bevor es dunkel wird.
Wenn wir nicht unterwegs sind, essen wir meist gegen 8 Uhr Frühstück, danach stehen Routenplanung, tägliche Überprüfung der Wind- und Wetterprognosen, Bootsschule, Unterhaltsarbeiten und Reparaturen sowie sonstige alltägliche Arbeiten auf dem Programm. Nach dem Mittagessen gehen wir oft an Land auf Erkundungstour. Aber auf einem Boot hat man immer etwas zu tun. Viele alltäglich Arbeiten, die man zu Hause so nebenbei erledigt, sind hier viel zeitaufwendiger.


Welches war bisher die schwierigste Situation?
So richtig gefährliche Situationen hatten wir bis anhin eigentlich nicht. Das Boot ist gut unterhalten und es funktioniert soweit alles. Zwei Situationen gab es bei denen mir etwas mulmig zu Mute war. Zum einen am vierten Tag im Pazifik zwischen Panama und Galapagos. Da erreichte uns aus dem Nichts ein Squall. Der Wind drehte um 180° und es regnete in Strömen. Ich nutzte die Gelegenheit für eine Süsswasserdusche – dachte mir nichts dabei, denn solche Squalls hatten wir auch schon in der Karibik erlebt. Mulmig wurde mir erst, als der starke Regen anhielt und Blitz und Donner hinzukamen. Das war unser erstes Gewitter. Wir packten GPS, Satellitentelefon und Laptop in den Backofen.
In den Backofen?
Der Backofen bildet ein pharadeischer Käfig und soll diese Geräte bei Blitzschlag schützen. Das war eine wirklich unangenehme Situation. Aber zum Glück ist nichts passiert.
Und die andere Situation?
Das war zwischen Galapagos und Marquesas in der Nacht während meiner Schicht. Wir segelten mit dem Code Zero Segel, also einem Leichtwindsegel. Plötzlich gab es einen Knall. Es klang fast so, als wären wir seitlich mit einem Gegenstand zusammengestossen. Danach war Stille.
Was war passiert?
Das Fall vom Code Zero Segel war gerissen und das ganze Segel lag im Wasser. Wir brauchten zu viert etwa eine Stunde, bis wir es zurück auf dem Boot hatten. Glücklicherweise war das gerissene Fall der einzige Schaden, das Segel blieb unversehrt.



Was war der bisher schönste Moment?
Die Ankunft auf den Marquesas nach 16.5 Tagen Überfahrt – das war magisch. Ich hatte Wache und sah deshalb als erste in der Morgendämmerung Fatu Hiva am Horizont. Das war ein unglaublicher Moment. Als wir näher in die Bucht kamen, konnte ich den Blumenduft riechen. Diesen Moment werde ich nie mehr vergessen. Auch die folgenden Tage hielt das Glücksgefühl an. Wir erkundeten das kleine Dorf Hanavave und die wunderschöne Umgebung. Wir wurden mit köstlichen Früchten beschenkt und machten Tauschhandel, da wir keine Polynesischen Francs besassen. So tauschten wir zum Beispiel zwei Paar Flip Flops gegen einmal Wäsche waschen und alte Seile gegen Mangos, Bananen und Eier. So kannten wir bald das halbe Dorf und nahmen am Muttertagsgottesdienst teil. Auch dieser Moment hat mich tief bewegt.
Die Galapagosinseln gelten als einer der schönsten Plätze dieser Welt – auch was ihre Flora und Fauna betrifft. Wie war es da anzukommen?
Galapagos war fantastisch. Wir hatten die Aufenthaltsbewilligung für eine Insel gelöst und uns für Santa Cruz entschieden. Gleich als wir ankerten, schwammen zwei riesige Rochen am Boot vorbei. Täglich sahen wir Leguane, Seehunde, Pelikane, Fregatten, Rochen, Riffhaie und Schildkröten aus nächster Nähe. Als wir einmal am Abend aufzählten, wie viele Tiere wir schon gesehen haben, meinte Amina das sei ja normal, denn im Zoo habe es doch immer viele Tiere. Auch dem Schauspiel am Fischmarkt hätten wir stundenlang zusehen können.


Kannst Du Dir vorstellen, dass Du Dein aktuelles Leben wieder gegen Dein altes Leben eintauschst?
Im Moment möchte ich nicht tauschen. Die Rückkehr ist ja noch weit weg. Aber natürlich denke ich ab und zu daran, wie es sein wird. Angst empfinde ich dabei keine. Es wird bestimmt nicht einfach, aber wir werden beide wieder Arbeit finden, da bin ich überzeugt. Ich hoffe, dass auch die Einschulung der Kinder gut klappen und sie schnell wieder Anschluss finden werden.
Hast Du Deine Kinder besser kennengelernt?
Ihre Stärken und Schwächen kommen wohl deutlicher zum Vorschein, weil auf Passagen mit mehreren Tagen oder Wochen ohne Land wenig Ablenkung da ist. Sie müssen mit dem was da ist, zurechtkommen. Dies gelingt an manchen Tagen besser und an anderen Tagen etwas weniger gut. Uns geht es auch nicht jeden Tag gleich gut. Aber es ist erstaunlich, wie kreativ sie werden und was sie alles erfinden.
Ist das Boot das Zuhause Deiner Kinder?
Ja. Und es ist für sie wichtig, dass sie ein Zuhause haben. Dies definiert sich aber in erster Linie darüber, wo wir als Familie sind. Trotzdem: Jaël meint immer noch Zürich, wenn sie von Zuhause spricht. Amina hingegen hat mehr Erinnerungen an unsere Zeit auf dem Boot als an unsere Zeit in Zürich. Sie war ja erst 2 ½ Jahre alt als wir lossegelten. Sie hat auch während unserem Besuch in der Schweiz immer wieder gesagt, dass die Mirabella jetzt wohl traurig sei, so alleine in Neuseeland.
Was haben die Kinder bis anhin wohl fürs Leben gelernt?
Sie haben gelernt, dass es ganz andere Lebensformen gibt, als wie wir uns das gewohnt sind. Fatu Hiva war sehr lehrreich. Sie sehen, wie die Leute mit sehr wenig leben und trotzdem glücklich sind. Die Natur gibt ihnen Grapefruits, Bananen, Mangos, Orangen, Brotfrüchte, Fische und wenn sie Fleisch brauchen, gehen sie auf die Jagd nach Schweinen und Ziegen. Es gibt lediglich einen ganz kleinen Laden, der nur alle drei Wochen beliefert wird. Ein sehr bescheidenes und einfaches Leben. Näher bei Jäger und Sammler als wir in unserer modernen digitalisierten Welt.
Ausserdem haben die Kinder Englisch gelernt. Im Panamakanal waren wir mit einem amerikanischen Katamaran, auf dem fünf Mädchen an Bord waren, zusammengebunden. Es war der Beginn einer schönen Freundschaft. Wir haben sie auf den Marquesas wiedergetroffen und viel Zeit zusammen verbracht. Plötzlich begann Jaël Englisch zu sprechen. Amina später auch.



Brauchst Du nie eine Pause?
Manchmal wäre es schön, eine kleine Auszeit zu haben. Das klingt jetzt vielleicht komisch. Eine Auszeit von der Auszeit – was soll denn das? Aber rund um die Uhr auf relativ engem Raum zusammen zu sein, ist eine echte Herausforderung. Zu Hause hatte unter der Woche jeder auch seinen eigenen Bereich ohne die Familie: André und ich hatten unsere Arbeit, die Kinder hatten Krippe, Kindergarten und Hort. Ab und zu konnte man sich kleine Auszeiten einplanen. Nun bin ich 100% Bootsfrau und Mutter. Momente zu zweit oder auch allein sind selten.
Streitet ihr manchmal?
Ja natürlich streiten wir. Der Umgangston auf dem Schiff ist manchmal etwas rau. Dies ist aber meist situationsbedingt. Man versteht sich nur mit Schreien, wenn der eine auf dem Vordeck ist und der andere im Cockpit. Ausserdem können Situationen bei Fehlverhalten sehr schnell gefährlich werden. Die Kräfte, welche auf das Material einwirken sind enorm.
Was liebst Du am allermeisten an Deinem momentanen Leben?
Die Möglichkeit zu haben, mit meiner Familie all diese schönen Orte entdecken zu können. Und all diese Erinnerungen zu sammeln. Sie werden uns unser Leben lang begleiten.
Teil 2:
Von Spanien durch die Strasse von Gibraltar nach Barbados.
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Bilder von Eva Maria Eugster

Tadah: Ihr segelt mit Euren Kindern zwei Jahre um die Welt. Im ersten Teil unseres Interviews hast Du uns von der Entstehung der Idee erzählt, vom Plan und den Vorbereitungen. Inzwischen seid ihr in der Karibik. Wow! Wie geht es Euch?
Wir haben in den letzten drei Monaten unglaubliche 5000 nautische Meilen zurückgelegt und sind tatsächlich in der Karibik angekommen. Nach Abschiedsbrunch und Zügelchaos fuhr André mit einem vollbepackten Auto inklusive Anhänger nach Varrazze. Ich machte in Zürich am 31. August die Wohnungsübergabe und reiste am 1. September mit dem Zug nach. Die Kinder konnten wir glücklicherweise bei einer guten Freundin unterbringen, sodass wir erst einmal alleine aufs Boot konnten. Klar Schiff machen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Und dann ging es also wirklich los.
Mitte September kam der grosse Tag. Und wir segelten los. Zwar bei grauem Himmel und Regen, aber mit Sonnenschein im Herzen. Die Kinder sangen unentwegt «oh du goldigs Sünneli», um der Sonne vielleicht doch noch ein paar Strahlen zu entlocken.
Der Sonne entgegen. Wann habt Ihr sie gefunden?
Auch an der Côte d’Azur blieb das Wetter unbeständig und für die Jahreszeit eher kühl. Ausserdem hielt uns der Mistral ziemlich auf Trab. So beschlossen wir, früher als ursprünglich geplant Richtung Balearen zu segeln. Dieser Entscheid erwies sich als goldrichtig. Nach einer Überfahrt von zwei Tagen und einer Nacht (mit langen Unterhosen, Fleecepulli, Jacke und Mütze) kamen wir auf Mahon auf Menorca an. Diese wunderschöne kleine Stadt begeisterte uns völlig. Da liesse es sich leben.




Konntet Ihr sofort runterfahren?
Ja, langsam erholten wir uns von der Hektik der vergangenen Monate und konnten geniessen. Wir verbrachten mit Freunden eine Woche in Mallorca, danach ging es weiter Richtung spanische Küste. In Malaga waren andere Freunde von uns in den Ferien.
Ihr seid quasi von Freunden zu Freunden gesegelt.
Wollten wir. Aber die Natur machte uns einen Strich durch die Rechnung. Der Wind spielte nicht mit und dann ging uns auch noch der Diesel aus. Wir strandeten in Almerimar. Zum Glück waren unsere Freude auf vier Rädern unterwegs und konnten uns entgegenfahren.
Wann habt Ihr Europa verlassen?
Anstelle direkt nach Gibraltar zu segeln beschlossen wir spontan einen Zwischenstopp in Smir (Marokko) einzulegen. Kaum hatten wir angelegt, stand schon ein Kamel am Steg. Für die Kinder ein einmaliges Erlebnis. Auch der Landausflug nach Téthouane bleibt unvergessen. Seither putzen die Mädchen ihre Zähne richtig gut.
Jaël kam aus dem Staunen nicht heraus, als jemand ein Huhn aussuchte und dies dann direkt geschlachtet und gerupft wurde.
Ihre Zähne?
Achmed führte uns durch die engen Gassen der Medina Er hatte gerade mal noch drei Zähne im Mund – ein abschreckendes Beispiel für Jaël und Amina. Die Stadt aber war richtig toll. Es herrschte ein buntes Treiben. Der Kontrast zu unseren Supermärkten, in denen alles vakuumiert und abgepackt ist, war riesig. Denn hier liegen auf den Tischen Lammschädel, Fische und lebende Hühner. Jaël kam aus dem Staunen nicht heraus, als jemand ein Huhn aussuchte und dies dann direkt geschlachtet und gerupft wurde.
Das Überqueren der Strasse von Gibraltar war dann der nächste Meilenstein für Euch.
Ein ziemlich unangenehmes Unterfangen. Denn der Schiffsverkehr ist hier massiv. Man kommt sich etwas verloren vor. Etwa wie ein Velofahrer, der die Autobahn überqueren muss.
Was war Euer schönstes Erlebnis?
Das ist schwer zu sagen, es gab so viele Höhepunkte. Die Ankunft in Fatu Hiva mit dem betörenden Blumenduft, die Ankunft in Neuseeland, mit der Mirabella am Opera House in Sydney vorbeifahren, in Vanuatu auf dem Mount Yasur am Rande des Kraters stehen und in die brodelnde Lava schauen, auf den Malediven beim Tauchen einen Mantarochen beobachten und sehen, wie die Kinder oben beim Schnorcheln denselben Mantarochen bestaunen können und in La Réunion nachts den höchsten Berg besteigen und den Sonnenaufgang auf dem Gipfel erleben… Das sind nur ein paar meiner schönsten Erinnerungen.
Was das Schwierigste?
Das Schwierigste kommt erst noch. Nämlich von der Mirabella Abschied nehmen und wieder ins «normale» Arbeitsleben einzusteigen.



Und dann lag da also dieser riesige Ozean vor Euch. Der Atlantik. Auch den galt es zu überqueren. Erzähl!
Auf unserem Weg nach Spanien hatte ich mich von meiner – zugegeben etwas romantischen – Vorstellung einer Atlantiküberquerung als Familie verabschiedet. André hatte mich schon im Vorfeld unserer Reise davon überzeugen wollen, zusätzliche Crew für die Überfahrt aufzunehmen. Ich wollte aber erst einmal abwarten und erst nach dem Mittelmeer entscheiden.
Du hast Dich für Hilfe entschieden. Jakob kam auf Euer Boot.
Jakob aus Dänemark (André hatte sich mit ihm schon via Facebook über unseren Bootstyp ausgetauscht) erwies sich als wahrer Glücksgriff. Er flog extra für drei Tage nach Gibraltar, um uns kennenzulernen. Uns war das auch wichtig, damit wir sehen können, ob die Kinder Jakob auch sympathisch finden und Jakob seinerseits sieht, auf was er sich einlässt. Es hat einfach gepasst.
Ihr seid nach Teneriffa gesegelt, um Euch dort noch einmal intensiv auf die Überquerung vorzubereiten. Wie genau?
Wir haben zwei Wochen in Santa Cruz verbracht. Dort trafen wir die letzten Vorbereitungen am Boot und wir lernten die anderen Teilnehmer der Atlantic Odyssee kennen. Das ist eine Transatlantik-Ralley für Fahrtensegler, der wir uns angeschlossen haben.
Warst Du aufgeregt?
Ein bisschen, klar. Am 18. November 2017 hiess es dann: Leinen los – auf in die Karibik. Besonders in der ersten Woche hatten wir mit Flaute zu kämpfen. Jedes kleine Lüftchen versuchten wir zu nutzen, denn natürlich hatten wir nicht genug Diesel, um einfach alles motoren zu können. Erst nach einer Woche kamen wir in den Genuss der berühmten Passatwinde.



Was war das beeindruckendste an dieser Überfahrt?
Die Tatsache, wie gut die Kinder sie gemeistert haben. Jaël hatte immer wieder neue Ideen, sich die Zeit zu vertreiben. Entweder hatte plötzlich eines ihrer Plüschtiere Geburtstag oder sie veranstaltete mit Amina Flaggenparty oder sie bemalten sich gegenseitig. Amina fragte zwar jeden Tag, wie lange es noch dauert, bis wir in der Karibik sind, aber nachdem ich ihr immer wieder sagte «bald, bald», war das Thema dann wieder erledigt für den Rest des Tages. Wenn es arg schaukelte machten sich die Kinder sogar ein Spiel daraus, herumzulaufen, ohne hinzufallen. Glücklicherweise wurden weder Jaël noch Amina seekrank. Amina hat sich sogar während der Überfahrt vom Nuggi verabschiedet, nachdem sie an einem Tag gleich zwei Stück verbissen hatte. Sie entsorgte beide im Abfalleimer und meinte nur, dass sie jetzt besser sprechen könne ohne.
Wie erging es dir in den drei Wochen?
Ich hatte mehr Probleme. Schräglage und Schaukeln in Kombination mit der Hitze, bereiteten mir Mühe. Und das wurde auch nach längerem Unterwegssein nicht besser. Ich musste immer wieder hoch ins Cockpit, an die frische Luft, was aber Amina oft nicht so toll fand, weil sie unten mit mir spielen wollte.
Aber es forderte mich enorm, normal zu funktionieren.
War das auch die grösste Herausforderung: die Betreuung der Kinder?
Zweifelsohne. Ich verbrachte trotz Unwohlsein viel Zeit unter Deck mit den Kindern und ich steigerte mich. Ich konnte zum Beispiel in Situationen kochen, in denen während unseren früheren Segelferien jeweils André kochen musste. Aber es forderte mich enorm, normal zu funktionieren. Wir hatten dank Jakob zwar jeder jeweils sechs Stunden Ruhezeit in der Nacht, aber es gab immer wieder Situationen in denen uns die Kinder weckten, bei einem Manöver Hilfe gebraucht wurde oder man ganz einfach kaum schlafen konnte wegen all der Geräusche. Das rumpelt, knallt und gurgelt unter Deck. Am Morgen waren die Kinder jeweils ausgeschlafen und wir waren müde von den unruhigen Nächten.

Es gab doch aber sicherlich auch Schönes?
Natürlich. Die unzähligen schönen Sonnenuntergänge zum Beispiel. Oder den wunderschönen Sternenhimmel. Die Nachtwachen mochte ich mit der Zeit fast am meisten, weil da die Kinder schliefen und ich entweder in Ruhe meinen Gedanken nachhängen oder auf meinem neuen Kindle ein paar Bücher lesen konnte.
Ausserdem wurde die Bordküche ab und zu mit frisch gefangenem Fisch aufgewertet (zweimal Mahimahi, ein Barracuda und ein prächtiger Gelbflossen-Thunfisch) Was für ein Genuss.
Jaël hat sich ein sehr herziges Ritual ausgedacht. Erzähl!
Sie faltete jeden Tag aus dem Kalenderblatt ein Papierschiff. So konnten wir immer sehen, wie viele Tage wir schon unterwegs waren. So entstand am Schluss eine Girlande mit 21 Booten. Die täglich zurückgelegte Distanz wurde mit einem bunten Tape am Handlauf gekennzeichnet. So konnten wir sehen, wieviel Strecke wir schon zurückgelegt hatten und wie weit es noch ist bis nach Barbados. Halbe Strecke wurde mit Wasserplausch und Piratenbemalung gefeiert im Cockpit.
Am 6. Dezember kam gar der Samichlaus zu uns. Er flog mit dem Schlitten vorbei und warf einen Sack und zwei Geschenke auf die Mirabella.
Du hast den Kindern sogar einen Adventskalender mitgenommen.
Genau. Der half natürlich auch, die Überfahr kurzweiliger zu gestalten. Und für uns gab es dann auch einen. Denn hat Jaël in einer eintägigen Bastelaktion für uns kreiert. Und am 6. Dezember kam gar der Samichlaus zu uns. Er flog mit dem Schlitten vorbei und warf einen Sack und zwei Geschenke auf die Mirabella. Das fanden die Kinder natürlich unglaublich toll.




Eines Morgens wart ihr dann vor Barbados. Was war das für ein Gefühl?
Wenn du nach drei Wochen endlich wieder Land am Horizont siehst, ist das echt unbeschreiblich. Unglaublich, welch Glücksgefühl dies generiert. Es herrschte Hochstimmung bei der ganzen Crew. Ich fragte mich, wie sich das früher ohne GPS und moderne Elektronik wohl angefühlt haben musste. Denn wir konnten unseren Landfall ja ziemlich genau voraussagen und planen und hatten nie Zweifel, dass wir in Barbados ankommen würden. Die letzten 300 Meilen waren recht anstrengend gewesen, weil es viel Wind hatte. Und in der letzten Nacht hatten wir alle kaum geschlafen, weil es unten so laut war. Aber die Müdigkeit war wie weggeblasen als Barbados in Sichtweite war.
Glück pur.
Dieses Glücksgefühl wurde dann noch übertroffen, als meine Füsse diesen unglaublich weichen, feinen Sand spürten und wir im 27 Grad warmen, kristallklaren Wasser baden konnten. So hatte ich mir die Karibik vorgestellt!
Seit wir unterwegs sind scheinen mir diese kleinen Rituale noch wichtiger. Sie geben den Kindern Halt und Orientierung, wenn alles anders ist.
Wie geht Weihnachten auf karibisch?
Mit viel Schwung und etwas weniger besinnlich. Karibisch halt. Gefeiert haben wir in Bequia. Jaël hat das Boot dekoriert und fleissig beim Weihnachtsguezlibacken geholfen. Seit wir unterwegs sind scheinen mir diese kleinen Rituale noch viel wichtiger. Sie geben den Kindern Halt und Orientierung, gerade wenn rund um sie herum alles anders ist.
Wenn man so zurückblickt, ist es schon unglaublich, dass wir mit unserem Segelboot innerhalb von drei Monaten den ganzen Weg von Varazze bei Genua bis Barbados geschafft haben. Nun heisst es aber erst einmal «slow down» und Karibik geniessen.



Teil 1:
Von der Idee, zum Segelboot, zur Weltreise.
#sailingmirabella
Tadah: Ihr segelt mit Euren Kindern zwei Jahre um die Welt. Was für ein grandioses Abenteuer. Erzähl!
Die Ursprungsidee war, mit der Familie Zeit zu verbringen und Dinge und Orte zu sehen, die man sonst nicht zu sehen bekommt und die man nicht so einfach erleben kann. Und das Ganze mit dem eigenen Boot und der Kraft der Natur.
Für viele klingt das nach einem Traum, den man nicht leben kann.
Wir wollten uns wirklich eine Auszeit nehmen. Denn wir haben beide immer viel gearbeitet. André hat die Kinder eigentlich nur am Wochenende gesehen. Denn die Zeit, die er an den Abenden mit ihnen hatte – seien wir ehrlich –, Qualitytime sieht anders aus.
Wir sind lange hängen geblieben an unseren verschiedenen Lebensentwürfen. Aber die Kinderfrage war nie ein Killerkriterium.
Und dann habt Ihr Euch gesagt: Also los, wir segeln um die Welt?
Das Segeln war schon immer Teil von uns – oder besser von ihm. Denn durch ihn bin ich überhaupt zum Segeln gekommen. Und die Idee von dieser Reise, die hat er schon lange. Er spart darauf seit er arbeitet. Seit wir zusammen sind, sind wir also segeln gegangen. Wir haben uns jeweils Schiffe gechartert und sind los nach Mallorca, Menorca, Korsika, Kroatien oder Kap Verden.
Ein tolles Reiseleben. Ein Leben, das mit Kindern vereinbar ist?
Wir sind lange hängen geblieben an unseren verschiedenen Lebensentwürfen. Aber die Kinderfrage war nie ein Killerkriterium. Ich habe mir Kinder immer gut vorstellen können, hätte aber André nie verlassen, wenn es für ihn nicht in Frage gekommen wäre. Sein Lebensentwurf war ursprünglich sicherlich mal ohne Kinder. Er musste sich heranarbeiten.
Das hat wohl ganz gut geklappt.
Ich habe dieses Thema angesprochen und dann einfach ruhen lassen. Du kannst niemanden zu Kindern überreden. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mich gar in seine Richtung bewegt. Und er gleichzeitig in meine. 2009 hat er sich eine Auszeit genommen und hat ein Boot von der Karibik nach Kroatien überführt und erst da wurde ihm klar: Kinder wären schon schön.





Euer erstes Kind kam 2011. Habt Ihr da auch aufgehört zu segeln?
Nein. Wir haben immer gedacht: Einmal mit Jaël eine Reise zu machen, wäre wunderschön. Und auch wenn ich mir ein zweites Kind gewünscht habe, habe ich aufgrund meines Alters daran gezweifelt, dass sich dieser Wunsch erfüllen sollte. Also haben wir uns ein Boot gekauft.
Boot statt Kind also?
Wir haben dieses Boot ausgeschrieben gesehen. Es lag in Südfrankreich. Wir sind also runtergeflogen, haben es uns angeschaut und waren beide mehr als überrascht.
Warum?
Wir haben nicht damit gerechnet, dass es das jetzt ist. Wir sind aufs Boot und haben uns sofort wohl gefühlt. Das ist nicht immer so. Natürlich, es gibt die Fakten: der Zustand des Schiffes, etc. Aber dann gibt es eben dieses Bauchgefühlt. Und das war da.
Ihr habt es also gekauft. Was passierte dann?
Ich wurde schwanger. Ist es nicht irgendwie immer so, wenn du mental etwas abschliesst und denkst: «Ok, jetzt ist es so.», dann zack! Amina war also auf dem Weg. Manchmal gibt es Dinge im Leben, die wohl einfach so sein müssen. Die Reise musste also noch ein wenig warten.



Wie habt Ihr Eure Kinder schlussendlich in die Reiseplanung mit einbezogen?
Es war ein Hin und Her. Erst dachten wir, wir warten, bis Amina ein wenig älter ist. Doch dann veränderte sich bei André im Geschäft vieles und es war für ihn klar: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für dieses Abenteuer.
Für Dich auch?
Wir haben uns ein Wochenende Zeit genommen, um diese Entscheidung zu fällen. Wir haben mit unseren Eltern gesprochen, mit Freunden diskutiert. Und wir haben auch Jaël gefragt. Sie war im ersten Kindergarten eine Raupe, hätte dann im zweiten ein Schmetterling werden sollen. Ich habe sie also gefragt: «Möchtest Du lieber ein Schmetterling werden oder segeln gehen?» Es kam wie aus der Pistole geschossen: «Segeln!»
Wie weit wir kommen, ist für mich nicht wichtig. Das Ganze ist schon an sich eine Riesenchance. Das dies überhaupt möglich ist, ist ein Geschenk.
War ihr denn bewusst, was das heisst?
Nein. Kinder haben kein Verständnis für Zeit. Und es war teilweise schwierig für sie, Abschied zu nehmen. Aber im Grossen und Ganzen hat sie es super gemacht. Viel besser als ich. Kinder leben viel mehr im Hier und Jetzt. Und ich weiss, dass es Jaël gefallen wird. Die grosse Unbekannte ist vielmehr Amina.
Wieso?
Amina ist der Bewegungstyp. Sie will raus, rennen und klettern. Sie orientiert sich aber trotzdem auch oft an ihrer grossen Schwester – die eher der feinmotorische Typ ist – das heisst: Wenn es Jaël gefällt, kann es sehr gut sein, dass es Amina auch super findet. Aber das können wir nicht planen. Wir müssen flexibel sein und uns, wenn nötig, unseren Kindern anpassen. Und vor allem dürfen wir das grosse Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Das da wäre?
Wie anfangs erwähnt: Zeit miteinander verbringen. Wir wollen es geniessen. Wie weit wir kommen, ist für mich nicht wichtig. Natürlich wäre es toll, wenn wir unsere Route einhalten könnten und es wäre eine Wahnsinnsgelegenheit für uns alle. Aber das Ganze ist schon an sich eine Riesenchance. Das dies überhaupt möglich ist, ist ein Geschenk.
Auf was freut Ihr Euch denn besonders?
Da gibt es so vieles. Ich freue mich, Zeit zu haben. Das ist ein Luxus. Und ich war noch nie in der Karibik, darauf freu ich mich sehr. Oder aber Französisch Polynesien - ein Ort, an den du ohne Boot fast nicht hinkommst. Ich freue mich aber vor allem auf diese Art zu reisen, die so unfassbar schön ist. Am Morgen aufstehen und einen Köpfler ins Meer machen: Das ist einfach nur traumhaft. Und sehr friedlich.
Jede wunderschöne Bucht kann am nächsten Tag die Hölle sein. Wenn der Wind dreht, kann es sehr schnell kippen.
Und auf was freust Du Dich gar nicht?
Ich will natürlich nicht unbedingt in einen Sturm kommen. Und es gibt Situationen auf dem Boot, da kommst du an dein Limit. In denen du denkt: «Nein, um Gottes Willen!» Tage, zum Beispiel, an denen der Wind einfach nicht aufhören will.
Aber dann kommt auch schon wieder der nächste Tag. Der Wind ist weg, die Sonne da und der Rest vergessen. Es ist ein bisschen wie eine Geburt. Auf eine Extremsituation folgt der Moment, an dem du alles vergisst. Wovor ich Respekt habe, sind die Überfahrten. Die Zeit also, in der wir auf offener See sind. Die Kinder wollen unsere Aufmerksamkeit. Und wir werden wenig schlafen, denn wir müssen uns ja die Nachtschichten teilen.
Hast Du Angst?
Angst ist das falsche Wort. Respekt muss man haben. Denn man ist an wunderschönen Orten, alles ist so wunderbar, und man vergisst ein wenig. Aber man muss aufmerksam sein: Das Wetter checken, den Wind, die Umgebung. Denn jede wunderschöne Bucht kann am nächsten Tag die Hölle sein. Wenn der Wind dreht, kann es sehr schnell kippen. Und es entsteht eine ernste Situation.






Wir haben schon Mühe für zwei Wochen zu packen. Du hast für zwei Jahre gepackt. Geheimtipp?
Wir können nicht viel mitnehmen. Es ist nicht wie umziehen in eine neue Wohnung. Wir müssen also genau überlegen: Was brauchen wir auf dem Boot – und vor allem: was nicht? Welche Spielzeuge kommen zum Beispiel mit? Aber ich glaube, wenn man mal entschieden hat, dann ist es befreiend. Und dass die Kinder sich nicht wohlfühlen, da habe ich gar keine Bedenken. Kinder können mit wenig wunderbar leben.
Jaël käme in der Zeit, in der ihr auf Reisen seid, in die Schule. Wie machst Du das?
Ich habe das im Kindergarten natürlich angesprochen und mir Hilfe geholt. Und ich muss sagen, es haben alle wahnsinnig positiv reagiert. Die Kindergärtnerin hat mir Schulmaterial rausgeschrieben und ich habe mich mit einer befreundeten Lehrerin abgesprochen. So haben wir das Beste für uns zusammengestellt. Ich weiss, dass Jaël Spass daran haben wird. Sie ist sehr interessiert an Buchstaben und Zahlen. Ich glaube, sie wird es also toll finden, auf dem Boot Schule zu haben.
Wie hat eigentlich Euer Umfeld auf Eure Pläne reagiert?
Da gibt es eine lustige Geschichte: Es war Kindergartenabschlussfest unter dem Motto Piraten – sehr passend. Dort kam eine Mutter zu mir und sagte: «Du, jetzt musst du mir aber etwas sagen. Mein Bub hat da etwas falsch verstanden und mir erzählt, ihr würdet zwei Jahre aufs Segelboot gehen.» Als ich ihr sagte, dass ihr Kind das schon richtig verstanden hätte, war sie völlig platt. Sie fand es aber toll. Generell finden es alle super. Und freuen sich für uns. Wenn auch bei unseren Eltern ein mulmiges Gefühl mit dabei ist.
Verstehst Du das?
Ja klar. Aber wer weiss schon, was passiert. Man muss sich darüber auch nicht den Kopf zerbrechen. Wenn irgendwas ist, dann kommen wir zurück. Punkt. Wenn du auf den idealen Zeitpunkt wartest, dann gehst du nie. Denn den idealen Zeitpunkt gibt es nicht. Dann wartest du dein ganzes Leben und bist frustriert und traurig, dass es du nie gemacht hast. Das kann uns dann zumindest nicht passieren.