Anna hat sich als Imkerin mit Wabe3 selbstständig gemacht. Ihre Bienen leben auf unzähligen Zürcher Dächern. Ihren Honig gibt’s in ihrem eigenen Shop in Zürich Wiedikon. Und ihr Sohn geht als Biene an die Fasnacht. Aber nur dieses eine Mal.
Anna Hochreutener ist Inhaberin von Wabe3, wo sie wunderbaren Stadthonig herstellt sowie Imkerkurse gibt. Sie ist zudem auch Mitinhaberin des Shops «Honig Kuchen», wo es ihren feinen Honig und was man damit alles machen kann, auch zu kaufen gibt.
wabe3.net
honigkuchenzuerich.com
Tadah: Kommt eine Imkerin aus einer Honigdynastie?
Ich habe tatsächlich schon als Kind geimkert. Als ich 11 war, lebten wir auf einem grossen Grundstück in Südengland. Gemeinsam mit meiner Mutter habe ich damals einen Imkerkurs absolviert und wir haben uns drei Bienenstöcke zugetan. Die mussten wir aber in England lassen, als wir ein paar Jahre später wieder in die Schweiz zurückkamen.
Und hier wurde fleissig weitergeimkert?
Nein, meine Mutter wurde hochgradig allergisch auf Bienenstiche. Das gibt es bei vielen Imkern: Nach unzähligen Stichen wird man entweder immun oder allergisch auf Bienen. Also hat sie aufgehört und ich somit auch. Viele Jahre später hat es mich nach Sardinien verschlagen, ich wurde erst Skipperin, dann Base Managerin bei einer Yachtcharter Firma und wieder daheim in der Schweiz war ich Projektleiterin. Der Wunsch nach Selbstständigkeit wurde aber gross und grösser. Ich habe bloss nicht gewusst, womit ich mich selbstständig machen soll. Also habe ich gebrainstormt und kam dabei immer wieder aufs Imkern zurück. Da auch mein Partner Tom eine Imker-Vergangenheit hat (seine Grosseltern hatten schon Bienenvölker), war schnell klar: Ich gründe eine Firma mit dem langfristigen Ziel, dass irgendwann auch Tom mit einsteigt.
Gesagt, getan?
Wenn ich etwas tue, dann ganz oder gar nicht. Ich mochte nicht nur mit halbem Herzen dabei sein. Also kam für mich nicht in Frage, nebenbei noch eine 50%-Stelle zu haben.
Stadthonig – mit dieser Idee warst Du aber nicht die erste, oder?
Ich war früher Fotografin. Dann wie gesagt Skipperin. Jobs, von denen viele fanden, das sei doch brotlos, nur ein Hobby. Aber ich habe mich durchgesetzt und davon gelebt. Beim Imkern habe ich mir dann einfach gesagt: «Dann ist es jetzt halt wieder so etwas, von dem alle sagen, ich könne damit kein Geld verdienen.»
Und gerade weil ich wusste, dass ich damit Geld verdienen will, habe ich mir auch von Beginn an einen Lohn ausbezahlt. Mittlerweile können wir 170% Stellenprozent mit der Wabe3 bestreiten, was ich grossartig finde.
Und dann kam Max.
Am Anfang fand ich‘s mega schwierig. Ich hörte aus meinem Umfeld immer wieder: Kleine Babys schlafen viel, vor allem die ersten drei Monate. Aber Max war wach. Immer. Ich bin fast verzweifelt, da ich mir fest in den Kopf gesetzt hatte, dass ich die erste Zeit noch arbeiten will. Irgendwann hat sich dann alles eingependelt. Und jetzt ist es ziemlich cool, weil ich meinen Tag selbst bestimmen und auch arbeitstechnisch um meinen Sohn herum planen kann.
Dein Mann arbeitet bei und mit Dir. Hand aufs Herz: Geht das gut?
Wir sehen uns gar nicht so viel. Tom arbeitet noch als Informatiker und macht dann im Sommer ein paar Monate frei, um mitzuhelfen. Wir ticken oft komplett anders, haben völlig verschiedene Vorgehensweisen beim Arbeiten. Ich finde zum Beispiel, er ist total chaotisch – natürlich würde er das so nicht unterschreiben. Aber wir funktionieren trotz der Unterschiede wunderbar miteinander. Wichtig ist vor allem, dass wir Zuhause beim Nachtessen auch unser Privatleben nicht zu kurz kommen lassen. Wir sagen dann immer: Jetzt noch zehn Minuten Dinge besprechen und dann ist fertig Bienen. Auch wenn die 2.5 Millionen Bienen irgendwie auch zu unserer Familie gehören, ist irgendwann mal Feierabend.
Also steht Biene Maya bei Euch nach Feierabend nicht ganz so hoch im Kurs?
Nein. Max soll nicht nur von Bienen umgeben sein. Wobei ich ehrlich gestehen muss: Dieses Jahr habe ich ihn für die Fasnacht als Biene verkleidet. Nur dieses eine Mal, weil ich gerade so ein Kostüm zur Hand hatte.
Wie müssen wir uns einen typischen Arbeits-Familien-Tag im Leben der Anna Hochreutener vorstellen?
Aufstehen und Max bereit machen – er geht zwei Tage in die Krippe und ich gehe dann ins Büro. Da die Wabe3 gut läuft, fällt natürlich auch viel Administration an. Aber wenn ich keine Lust mehr habe, am Computer zu sitzen, dann giesse ich zum Beispiel 2000 Kerzen, die jemand bestellt hat. Ich arbeite an den zwei Tagen, an denen Max in der Krippe ist. Und am Freitag, wenn Tom seinen Papi-Tag hat.
Du führst ja gleich zwei Unternehmen gleichzeitig. Die Wabe3 und den Shop «Honig Kuchen». Das ist ein ziemlicher Workload.
Ganz ehrlich: Ich bin einfach so. Ich reisse Sachen an und will Neues ausprobieren. Dass das manchmal ganz schön herausfordernd sein kann (auch für meinen Mann), liegt auf der Hand. Das mit dem Shop lief ja so: Meine Nachbarin Annette ist im Kuchenbusiness. Wir haben uns im Treppenhaus kennengelernt und fanden, es wäre doch toll, wenn sie mit meinem Honig feine Kuchen backen und diese verkaufen würde. Dann haben wir weiter geplaudert und gemerkt, dass wir beide keinen Ort haben, an dem wir unsere Produkte verkaufen können. Wir haben uns also auf die Suche nach einem solchen Lokal gemacht und es an der Birmensdorferstrasse im Zürcher Kreis 3 gefunden. Und jetzt das Beste: Wir haben drei Monate nach unserem ersten Gespräch im Treppenhaus den Shop «Honig Kuchen» eröffnet. Der Shop ist gleichzeitig aber auch Lagerraum, Schleuderraum und Büro für Wabe3.
Ein ambitioniertes Timing.
Der Shop war am Anfang auch ziemlich leer. Wir hatten ja keine Ahnung, wo wir Produkte zum Verkaufen herbekommen. Händler, Vertriebspartner usw.: alles Neuland für uns. Wir haben einfach in jede leere Ecke einen Honig von Wabe3 gestellt oder Scones von Annette.
Da geht aber ganz schön viel. Manchmal zuviel?
Ja, klar. Manchmal ist es auch zuviel. Bei 2.5 Millionen Bienenkindern und einem Sohn, der gerade zu laufen beginnt, darf man schon mal leicht überfordert sein, oder?