Machen wir uns nichts vor: Werbung beeinflusst uns tagtäglich und gibt uns vor, was wir kaufen und wer wir sind oder besser: sein sollten. Eine, die es genau wissen muss, ist Caroline Braun. Sie schaut nicht nur Werbefilme, sondern produziert sie auch.
Caroline Braun ist in der Geschäftsleitung und Mitgründerin von Shining Pictures, einer Zürcher Produktionsfirma, die sich auf Werbung spezialisiert hat. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren Kindern (5, 7) wohnt sie in Zumikon ZH. Shining
Tadah: Du machst Werbung. Hand aufs Herz: Zappst Du nie weg, wenn im TV Werbung läuft?
Ich schaue gerne Werbung. Das habe ich schon immer getan. Natürlich muss ich das ja auch, aber es interessiert mich wirklich, was läuft und was es alles gibt.
Was macht einen guten Spot aus?
Werbung muss die Zielgruppe erreichen, informativ, fair und ehrlich sein. Emotionale Spots, die direkt ins Herz treffen oder aber humorvolle Spots, mit Ironie oder gutem Humor, sind meine Favoriten.
Lässt Du Dich selbst von Werbung beeinflussen?
Ja. Der superduper Fleckenspray, der alles sauber macht – ich kaufe ihn!
Hat sich Deine Einstellung zu Werbung verändert, seit Du Mutter bist?
Eigentlich nicht. Werbung ist mein Job. Und was den Fernsehkonsum der Kinder anbelangt, haben wir strikte und klare Regeln. Der Fernseher ist bei uns sowieso nicht so wichtig. Meistens dürfen sie eine kleine Serie schauen und da ist Werbung kein Thema. So kommen meine Kinder auch noch nicht wirklich in Kontakt mit Werbung. Trotzdem sollte man sie aufklären.
Kinder stehen auch im Fokus der Werbeindustrie. Und wenn sie wissen, um was es dabei geht, dann stehen sie Werbebotschaften kritischer gegenüber.
Wie meinst Du das?
Kinder stehen auch im Fokus der Werbeindustrie. Und wenn sie wissen, um was es geht, dann stehen sie Werbebotschaften kritischer gegenüber. Man sollte Werbung also nicht total verteufeln, sondern als das sehen, was sie ist: ein Teil unserer Kultur und unseres Wirtschaftssystems.
Wie hast Du zur Werbung und zum Film gefunden?
Ich war früher mal in einem Werbespot dabei – damals vor der Kamera. Ich stand in diesem riesigen Studio und dachte nur: Was tu ich hier? Ich bin auf der völlig falschen Seite. Ich fühlte mich so unwohl vor der Kamera und sah die Leute dahinter und wusste: Da will ich einmal hin.
Und der Weg dahin?
Eines Tages sah ich ein Inserat als Produktionsassistenz. Ich habe mich beworben und den Job bekommen. Etwas später habe ich in Berlin eine Ausbildung zur Produzentin an der Deutschen Film- und Fernsehakademie absolviert. Danach hat es mich zurück in die Schweiz gezogen. Mir war Berlin zu gross, zu laut – ich mag das ländliche, das wir hier in der Schweiz haben.
Du hast Dich dann selbstständig gemacht. Erzähl.
Nach Berlin bin ich zurück in dieselbe Produktionsfirma. Wir waren spezialisiert auf Sponsoring, Billboards, etc. Wir merkten, wir müssen uns spezialisieren - auf Werbung. So haben wir 2007 Shining gegründet.
Wir haben viel gearbeitet, viel investiert. Anfangs war es hart und ich hatte natürlich auch schlaflose Nächte. Aber wir hatten dann das Glück eine grosse Kampagne machen zu können, die unser Durchbruch bedeutete. Das war dann auch der Moment, als ich schwanger wurde.
Zeitlich etwas ungeschickt?
Wir haben immer Kinder gewollt, und ich hatte das meinen Geschäftspartnern auch so kommuniziert. Es hiess immer: Jaja, kein Problem. Wir schauen dann wie's geht.
Und so easy war es nicht?
Nein. Ganz so einfach nicht. Sie haben sich zwar total gefreut und es ging anfangs auch noch ganz gut. Das Problem kam eigentlich erst mit meiner zweiten Schwangerschaft.
Wieso?
Mein Geschäftspartner fühlte sich ein wenig alleine gelassen. Und ja, ich habe mir das Recht herausgenommen, wirklich ein halbes Jahr zuhause zu bleiben.
Wieviel Prozent bist Du denn zurück nach dem ersten Kind?
Zwischen 50 und 60%. Unsere Tochter ging in die Krippe und wurde von der Familie betreut. Zudem hat auch mein Mann seinen Papitag. Heute arbeite ich 70% und wir haben eine Nanny. Sie ist eine grosse Entlastung, eine liebevolle, tolle Frau. Ich weiss gar nicht, was wir ohne sie machen würden.
Wie hat sich Deine Rolle in der Firma verändert seit Du Mama bist?
Ich kann natürlich nicht mehr die grossen Kisten stemmen.
Nervt Dich das?
Am Anfang hatte ich Mühe damit, ja. Ich kann heute nur noch grosse Projekte machen, die planbar sind - ob man es glaubt oder nicht, aber: Die gibt es, auch in der Werbung. Projekte aber, die unter Zeitdruck stehen, sind schwierig. Als Mutter ist Organisation halt wirklich das halbe Leben.
Wie und wann hast du akzeptierst, welches Deine neue Rolle ist?
Es gab eine Art Bruch. Shining war mein Baby. Und als man mir nahe legte, mir zu überlegen, ob ich das alles wirklich schaffe, war es sehr hart zu akzeptieren, dass ich mir eine neue Rolle suchen muss. Ich stieg damals als Teilhaberin und Geschäftsführerin aus. Mit zwei Kindern, die nur zwei Jahre auseinander sind und einer Firma, die es zu führen gilt, das ist nicht ohne. Mittlerweile bin ich wieder in der Geschäftsleitung tätig. Das Wichtigste war und ist: Da ist kein böses Blut vorhanden. Wir haben den Rank gefunden – uns gefunden.
War Dein Stolz verletzt?
Natürlich musste ich über meinen Schatten springen - es war ein längerer Prozess. Aber die Konsequenz ist halt, dass ich 100 % hätte arbeiten müssen, respektive in unserem Bereich noch mehr. Und das war für mich schlicht keine Option. Ich will meine Kinder aufwachsen sehen. Und ich habe schon jetzt manchmal das Gefühl, es gehen Dinge an mir vorbei. Das macht mich manchmal traurig. Dann muss ich mir aber auch eingestehen, dass ich glücklich bin in meinem Beruf und das einfach wahnsinnig gerne tue. Ich habe ein Riesenprivileg, so arbeiten zu können. Ich habe mir meine Nische gesucht und gefunden.
Bist Du immer erreichbar?
Ja. Viel zu viel. Ich sitze mindestens zwei bis drei Mal am Tag am E-Mail.
Wenn ich mich am Elternabend freiwillig für den Elternrat melde – weil es sonst niemand tut – dann fragt man mich, wie ich denn das auch noch schaffen soll?
Mit Reaktionen der Kinder?
Auch, ja. Aber ich sage ihnen, dass das jetzt schnell sein muss.
Schnell…
Es ist ein Spagat, so ist das halt. Meinen Kindern geht es gut, sie haben eine gute Betreuung. Da lass ich mir nicht einreden, dass ich zu viel arbeite.
Sind das denn Reaktionen, die Du erhältst?
Ja. Wenn ich sage, dass ich 70% arbeite, dann kassiere ich manchmal schon Blicke. Und wenn ich mich dann am Elternabend auch noch freiwillig für den Elternrat melde – weil es sonst niemand tut – dann fragt man mich, wie ich denn das auch noch schaffen soll?
Könntest Du Dir vorstellen, nicht zu arbeiten?
Manchmal wünsche ich mir das - nur für ein paar Monate. Das fände ich schon schön. Aber ich weiss, das würde mich auf Dauer nicht glücklich machen.
Was bedeutet Dir Film?
Viel. Ich schaue aber nicht mehr so viele Spielfilme. Ich bevorzuge Serien. Da kannst du richtig abtauchen in diese Welt.
Ich habe Toni Collette geliebt als Mutter der Little Miss Sunshine.
Welches ist Deine Lieblingsserie?
Im Moment ganz klar: This is us. Eine sehr emotionale und berührende Familiengeschichte. Und sie ist unglaublich gut gespielt, was mich sehr beeindruckt. Ins Kino geh ich nicht mehr so viel, da fehlt halt auch schlicht die Zeit.
Gibt es eine Lieblingsfilmmutter?
Ich habe Toni Collette geliebt als Mutter der Little Miss Sunshine.
Warum?
Sie haben ein relativ einfaches Leben, aber diese Frau gibt alles, arbeitet hart daran, ihrer Familie ein bisschen Glück zu ermöglichen. Sie ist grandios.
Was ist mit den Filmen, die gar nicht gehen?
Was mich jeweils nervt, sind diese ach so komplizierten Mutter-Kind-Beziehungsgeschichten. In denen die Mutter die Schuld am verkorksten Nachwuchs trägt. Oder aber die Übermutter, die sich komplett für ihre Familie aufopfert und nichts mehr für sich tut und sich selber aufgibt.
Die Lieblingsserien Deiner Kinder?
Ich bin erstaunt über meine Kinder: Sie finden noch immer Dinge lässig, die man auch mit drei cool findet. Oder aber Pipi Langstrumpf. Das liegt vielleicht auch an mir.
Pipi ist aber auch cool.
Oh ja. Sie ist lustig, sie ist liebevoll, sie denkt positiv – auch in traurigen Situationen –, sie ist mutig. Eine tolle Figur, die einfach frei ist. Generell etwas, was uns heute ein wenig fehlt.
Wie meinst Du das?
Wir sind immer verplant. Die ganze Woche ist verplant, das Wochenende meistens auch. Und es ist ein Wahnsinns-Pace den wir anschlagen. Schon von den Kindern wird so früh so viel verlangt. Da muss man echt schauen, dass man sich ab und zu einfach nichts vornimmt. Und einfach mal zur Ruhe kommt.