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Tadah

Racha Fajjari: Der Weg zum Glück.

Wir alle wünschen uns eine Anleitung zum Glücklichsein. Racha Fajjari hat sie zwar auch nicht, aber sie ist nah dran. Die Gründerin des Mamalicious-­Netzwerks über die Tatsache, dass viele Menschen Wille und Glaube mit Träumen verwechseln und warum Glücklichsein eine Disziplin ist.

Bilder von Christian Bobst.

Racha Fajjari, Portrait, August 2017

Racha Fajjari vereint mit Mamalicious in diversen Interessengruppen auf Facebook  über 45'000 Mitglieder. Sie ist zudem Entspannungs­trainerin und gibt Workshops zum Thema Energie­management und Glücklichsein. Racha hat einen 7-jährigen Sohn und wohnt in Erlenbach. mamalicious

Tadah: Du bist ein Hansdampf in allen Gassen. Erzähl mal, was tust Du eigentlich?
Wenn ich zurückschaue, habe ich eigentlich immer das gemacht, was gerade zu meinem Leben passte und mir Freude bereitete. Und genau das mache ich auch heute noch. Ich habe mit einer kaufmännischen Ausbildung angefangen, den Betriebsökonom angehängt, als Anstoss für meine Persönlich­­keits­­entwicklung die Lee Strasberg Schauspiel­schule in Los Angeles besucht und abschliessend den
Ent­spannungs­trainer an der Heilpraktikerschule in München absolviert. Ich glaube, ich habe damit einen guten Werkzeugkoffer, um im Leben das zu machen, wofür mein Herz gerade pocht. Ausserdem bin ich so optimal für eine gute Work-Life-Balance gewappnet.

Du bist mit 26 sehr jung Mutter geworden.
Ja. Da ich sehr früh angefangen habe mein Leben in vollen Zügen zu leben, zu arbeiten, zu reisen, selbstständig zu sein – ich bin mit 17 von zuhause ausgezogen –, fühlte ich mich mehr als bereit für den nächsten Schritt. Meine Mutter hat mich mit 23 bekommen. Und ich habe es immer genossen, ein junges Mami an meiner Seite zu haben. Das wollte ich auch. Und ich habe gespürt, dass es der richtige Moment ist. Es war eine ganz klare Entscheidung. Nicht nur von mir, auch von meinem damaligen Partner. Er ist der beste Papa, den ich mir für meinen Sohn Maximilian vorstellen kann. Auch wenn es mit uns nicht geklappt hat. Es gibt absolut nichts zu bereuen.

 

Die Lösung? Keine Angst vor Veränderung haben, im Flow bleiben und sich anpassen.

 

War die Schwangerschaft eine grosse Umstellung für Dich?
Natürlich. Ich habe mich aber gerne darauf eingestellt und mich über diese neue Welt gefreut. Zusammen mit der Geburt meines Sohnes ist auch mein Online-Shop Babylicious entstanden, den ich sieben Jahre lang – parallel zum Aufbau von Mamalicious – bis letztes Jahr geführt habe. Wie gesagt: Ich passe mich immer meinen Lebensumständen an – auch beruflich.

Was war also die Lösung?
Die gegebenen Lebensumstände akzeptieren, keine Angst vor Veränderung haben, im Flow bleiben und sich anpassen. Dann stimmt's meistens für alle.

Racha Fajjari at the airport Zürich Kloten, Switzerland, September 2017

Du hast Dich auf die Suche nach anderen Müttern gemacht?
Als ich schwanger wurde, war alles trotzdem nicht so einfach, wie ich dachte. Du bist in diesem neuen Umstand, kommst in diese komplett neue Welt. Und du wirst ungefragt von allen Seiten beraten. Jeder hat zu allem eine Meinung. Ich war verwirrt. Denn ich dachte immer: Das muss naturgegeben sein, das müssen wir Frauen intus haben. Aber nein... Also habe auch ich angefangen Fachbücher rund ums Thema Schwangersein und Kinderkriegen zu lesen.

Half das?
Nein. Ich war enttäuscht. Ich dachte, dass der Autor des Millionensellers mir dann schon sagt, wie ich mein Baby zum Schlafen bringe. Irgendwann kam mir alles spanisch vor. Ich war schon so verwirrt, bevor dieses Baby überhaupt auf der Welt war. Da habe ich mir überlegt, was mir wirklich einen Mehrwert bringen würde.

Die Lösung war Mamalicious?
Ja. Denn welcher ist der wertvollste Ratschlag, den du bekommen kannst? Ein Erfahrungsbericht einer Person, die in der gleichen Situation steckt wie du. Und am besten stammt dieser Rat nicht nur von einem Mami, sondern gleich von mehreren. So kannst du aussuchen, was für dich und dein Kind am besten passt. Es gibt so viele verschiedene Arten von Müttern, so viele verschiedene Arten von Erziehung. Wenn ich also eine Plattform schaffen kann, auf der sich Mütter austauschen, dann schaffe ich ein grosses Sammelsurium an Erfahrungen. Mütter sind individuell, Kinder sind individuell – daraus ist Mamalicious entstanden.

Racha Fajjari, talking at the phone at the airport Zürich Kloten, Switzerland, September 2017

Du hast grossen Erfolg damit.
Ich bin stolz darauf, zusammen mit meinem Team eine solche bezaubernde Community mit über 45'000 Mitgliedern managen zu dürfen. Unsere Mit­glieder sind unglaublich hilfsbereit, engagiert, humorvoll und rücksichtsvoll – das ist auch genau das, was Mamalicious ausmacht. Und daraus sind auch tolle Veranstaltungen wie der Mamalicious-Market ent­standen. Das Konzept des Markets ist es, Neuware ab 50% anzubieten. Die Shops leeren ihre Lager, schaffen Platz und unsere Community darf qualitativ hochwertige Ware zu sensationellen Schnäppchenpreisen ergattern. Win-win!

Ein Riesenaufwand. Lohnt sich das denn?
Das jahrelange ehrenamtliche Engagement hat sich gelohnt, denn nach sieben Jahren eröffnen sich nun auch spannende Mone­ta­risierungs­möglichkeiten. Wir werden weiterhin hart arbeiten müssen, dafür aber auch die Chance haben, Mamalicious auf ein anderes Level zu bringen. Dies wiederum birgt auch für unsere Mitglieder Möglichkeiten. Wir haben grosse Pläne für 2018 und ich freue mich darauf!

 

Frauen tendieren dazu, das eigentliche Potenzial lange nicht zu erkennen und sich und ihre Arbeit unter Wert zu verkaufen.

 

Wieso erst jetzt?
Grundsätzlich haben wir von Anfang an entschieden, unsere Energie und Zeit erst unseren Kindern zu widmen bis sie in die Schule gehen. Mein Sohn hat letztes Jahr mit der Schule begonnen, Nadias Kids dieses Jahr. Sozusagen das perfekte Timing. Und es ist auch schön, wenn Dinge gedeihen können. Du hast eine bessere Ausgangslage, wenn du genau weisst, was du hast und was du anbieten kannst. Ebenfalls ist es förderlich für das Selbstbewusstsein in Verhandlungen, wenn du weisst, was du dafür getan hast und dass du viel Herzblut in die Sache gesteckt hast. Ganz besonders bei Frauen ist das wichtig. Denn wir tendieren dazu, das eigentliche Potenzial lange nicht zu erkennen und uns und unsere Arbeit unter Wert zu verkaufen. Wachstum birgt aber auch Risiken – also braucht es auch eine grosse Portion Mut.

Was für Risiken?
Wachstum und Expansion bedeuten nicht nur mehr Geld und Erfolg, sondern auch mehr Arbeit und Verantwortung. Um zu wachsen braucht man mehr Manpower d.h. Angestellte. Man ist also für Löhne verantwortlich, weil eine Person selbst und ständig nicht mehr reicht und das aus präventiven gesundheitlichen Gründen auch nicht die optimale Lösung ist. Man plant grössere Projekte, die mehr kosten und mehr Risiko schaffen. Ich war als Mutter die ersten sechs Jahre einfach nicht gewillt, diese Zeit mit meinem Kind zu missen.

Racha Fajjari and her dog, Gockhausen, August 2017

Wie hast Du Dich verändert seit Du Mami bist?
Oh wow, Mamisein ist das Allertollste auf der Welt und das Beste was mir je passiert ist. Ich gefalle mir heute als Frau viel besser. Fühle mich femininer, weicher, liebevoller, achtsamer, einfach gelassener. Diese Gelassenheit habe ich meinem Sohn zu verdanken. Er hat alles relativiert. Es ist wundervoll jemandem im Leben zu haben, der einem so viel wichtiger ist als sich selbst. Ich hatte das Gefühl mit dieser Aufgabe im Leben einen grossen Teil von dem Geschaffen zu haben, weshalb wir überhaupt da sind.

Was für ein Mami bist Du?
Ich finde mich eine coole Mama. Mein Sohn und ich sind ziemlich beste Freunde, wir kommen gut miteinander klar. Ich bin aber auch immer der strengere Part gewesen, weil ich einfach denke, dass ein gewisser roter Faden wichtig und für das Kind ein Halt ist. Im Endeffekt müssen wir unsere Kinder auf das Leben vorbereiten und dafür sorgen, dass sie einmal ein angenehmer Mehrwert für unsere Welt und Gesellschaft sind. Damit sie das auch wirklich werden, bringen wir ihnen optimalerweise Ethik, Moral, Ehrlichkeit, Bewusstheit und Selbstwert bei – und das mit ganz viel Liebe.

 

Max soll die Person werden, die er ist und nicht die, die ich mir wünsche.

 

Wann bist du streng?
Wenn es um Anstand anderen Menschen gegenüber geht. Und beim Teilen. Zudem finde ich Respekt gegenüber den Eltern sehr wichtig. Aber mein Sohn ist ein toller, sehr feinfühliger Mensch. Ein – wie ich finde – sehr gesunder Mensch. Diesen Menschen will ich bewahren. Er soll die Person werden, die er ist und nicht die, die ich mir wünsche.

Racha Fajjari works at her home in Erlenbach, Switzerland, September 2017

Würdest Du mit einem anderen Mann noch einmal von vorne beginnen?
Ich habe ein Jahr nach meiner Trennung einen Menschen gefunden, mit dem ich mir alles vorstellen kann. Daher ja, ich würde noch einmal von vorne beginnen. Aber erst möchte ich mit ihm die Welt bereisen. Ich habe noch nicht all das gesehen, was ich gerne sehen möchte. Ich geniesse die Zeit jetzt erst mal mit meinem wundervollen Sohn und mit meiner neuen Liebe.

 

Alles beginnt mit Selbstliebe und Selbsterkenntnis – auch Glücklichsein.

 

Neben Mamalicious hast Du Dich an der Heilpraktikerschule weitergebildet. In den Medien war gar davon zu lesen, dass Du jetzt ein Glückscoach bist. Erzähl!
Das Thema ist in aller Munde. Jeder will glücklich werden. Und niemand weiss, wie es wirklich geht. Viele Dinge werden missverstanden. Ich setze mich mit dieser Thematik schon lange auseinander und habe in meiner Ausbildung an der Heilpraktikerschule so viele Dinge gelernt, die ich unbedingt weitergeben möchte. Chakra- und Meridianbalance, Meditation, autogenes Training, Achtsamkeitsübungen, Hypnose, energetische Heil- und Entspannungsmethoden, Aromatherapie – mein Rucksack beinhaltet für mich erwiesene, spannende Methoden, um der Essenz auf den Grund zu gehen, sich zu fühlen, zu sehen und kennenzulernen. Alles beginnt mit Selbstliebe und Selbsterkenntnis – auch Glücklichsein.

Racha Fajjari relaxes reading a book at the lake of Zürich in Erlenbach Switzerland

Was hat denn Entspannung mit Glücklichsein zu tun?
Man sagt: In der Ruhe liegt die Kraft. Und die Kraft liegt in dir. Wenn du also entspannst, dann gehst du in dich. Und je mehr du weg kommst von den äusseren Umständen, von dem Stress, von allem Drum­herum, desto mehr findest du deine Wahrheit. Also die Antwort auf die Fragen: «Was möchte ich gerne tun?», «Wofür stehe ich?», «Welches sind meine Stärken?» Wenn du auf diese Fragen eine Antwort gefunden hast, kannst du glücklich werden. Es geht also ums Zu-sich-selbst-Kommen und ums Glücklichsein.

 

Glücklichsein ist ein Weg – fast schon bisschen eine Disziplin – kein Dauerzustand.

 

Bist Du bei Dir?
Das ist eine oft gestellte Frage. Ich sage dann immer: Nichts ist für immer. Das ist verdammt viel Arbeit an sich selbst, Mut zur Persönlichkeitsentwicklung. Ich mache autogenes Training, Achtsamkeitsübungen, Meditation, versuche mich gesund zu ernähren, trinke morgens brav mein lauwarmes Zitronenwässerchen, bleibe in Bewegung, pflege meine Psychohygiene. Aber um auf die Frage zu antworten: Nein, ich bin nicht immer bei mir. Aber ich mache alles dafür, um zu mir zu kommen. Glücklichsein ist ein Weg – fast schon bisschen eine Disziplin – kein Dauerzustand. Es braucht viel Zeit und Self-Care.

Und Zeit ist Mangelware.
Genau. Die Leute sind nicht mehr bereit, Zeit zu geben. In meinen Coachings versuche ich meinen Kunden einen gewissen Lifestyle zu vermitteln, der trotz Job und Familie funktioniert. Die Frage ist nur: Wie viel bist du bereit für dich – für dich alleine – zu investieren? Wir gönnen uns viel zu wenig. Alles in unserem Leben dreht sich um die Zukunft. Ich mache das, um am Ende des Monats die Miete bezahlen, um mir in ein paar Monaten ein teures Kleid leisten, um in ein paar Jahren ein Haus kaufen zu können.

Racha Fajjari takes a walk with her dog to her favorite place at the lake in Zürich, Erlenbach, Switzerland 2017

Dabei sollten wir uns auf das Heute konzentrieren?
Ja. Wir müssen uns ins Jetzt zentrieren. Das hört man jetzt überall: The power of now! Und das ist total richtig. Es gibt ja nichts anderes als die Gegenwart. Die Vergangenheit ist eine Illusion, die Zukunft ebenso. Wir sollten uns auf das Jetzt und den Moment fokussieren, weil da alles passiert und man nur da die Möglichkeit hat, sein Leben bewusst zu beeinflussen und zu steuern. Alles was bleibt, ist der Moment. Man sollte ihm also mehr Achtsamkeit und Aufmerksamkeit geben.

Und den Fehler nicht bei anderen suchen.
Oh ja, das ist eine Volkskrankheit. Aber wir müssen bei uns anfangen. Wir müssen uns mit uns selbst auseinandersetzen. Es ist normal, Fehler zu machen und zu scheitern. Und es ist völlig egal. Denn Fehler sind da, damit wir daraus lernen. An sich selbst zu glauben ist effizienter als Angst zu haben und nichts zu wagen. Selbstzweifel hat schon so viel mehr Träume zerstört als Fehler und Versagen.

 

Viele Menschen verwechseln Wille und Glaube mit Träumen. Wenn du träumst, schläfst du.

 

Woran bist Du gescheitert?
An Selbstwertgefühl und Faulheit. Ich habe nicht an mich geglaubt, habe nicht alles gegeben und viel zu früh aufgegeben. Heute weiss ich, wenn ich all meine Energie, mein Glaube und meine Vision in einen Sack packe und hart arbeite, kann ich sehr viel erreichen. Viele Menschen verwechseln Wille und Glaube mit Träumen. Wenn du träumst, schläfst du.

Racha Fajjari cooks at her home in Erlenbach, Switzerland, September 2017
Racha Fajjari cooks at her home in Erlenbach, Switzerland, September 2017

Wie schwierig ist Glücklichsein in harten Zeiten?
In schwierigen Zeiten hat man mehr Mut und Wille an sich zu arbeiten, damit es schnell vorbei geht. In unserer Komfortzone passiert meist gar nichts, weil wir uns da gerne ausruhen und ausatmen. Das ist auch ok. Aber das Leben besteht nun mal aus Ups und Downs und manchmal muss man einfach durch Stock und Stein. Wenn man das begriffen und akzeptiert hat, nutzt man eben genau die obgenannten Tools diszipliniert dazu, dies glimpflich zu überstehen, zu wachsen, weiter zu kommen und sich auf die schöne Zeit zu freuen. Ungefähr wie man eine Kopfweh-Tablette nimmt, wenn man Kopfweh hat.

Du verurteilst Dich also nie?
Nein, diesen Gefallen tue ich mir. Selbstverständlich fallen mir beim Reflektieren auch Fehler auf, Dinge die ich anders hätte tun können. Aber statt mich dafür zu verurteilen, ist es sinnvoller und effizienter, wenn ich mir überlege, wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann und möchte. Man kann’s ja sowieso nicht mehr ändern also was soll’s. Ich bin auch nicht 24/7 Tage die Woche eine glückliche Quietschente, aber das verlangt ja niemand von mir und das ist auch gut so.

Racha Fajjari, Portrait, August 2017